Metadaten

Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0179
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
3. Die Veränderungen durch die correctio | 175

allem ab dem 12. Jahrhundert immer wichtiger, als in Urkunden vermehrt auf die
Armen als Empfänger verwiesen wurde. Die besondere Bedeutung der Armen für
die Abtei bringt Simon in seinen Gesta in einem eigenen Kapitel zum Ausdruck
und veranschaulicht damit, dass die Sorge um die Armen zu einer der zentralen
Veränderungen unter Abt Lambert zählte.774
Fazit
Die correctio der Abtei von Saint-Bertin zielte in hohem Maße auf Veränderungen
in den Besitz- und Herrschaftsstrukturen ab und hatte eine äußerst breite Wirkung
auf ihr soziales Umfeld. An erster Stelle stand hierbei eine Verbesserung der wirt-
schaftlichen Situation der Gemeinschaft, galt es doch den Unterhalt für die steigen-
de Zahl der Mönche zu gewährleisten. Von Seiten des Klosters wurde daher eine
aktive Politik betrieben, die sowohl auf die Restitution von verlorengegangenem
Klosterbesitz, als auch auf eine Verbesserung und Steigerung der Wirtschaftlichkeit
abzielte. Die in diesem Zusammenhang auftretenden Konflikte und ihre Einigungen
waren integraler Bestandteil dieser Politik und zeugen letztlich vom Erstarken der
Abtei: Die überlieferten Urkunden machen deutlich, dass Saint-Bertin und sein Abt
verhandlungsfähig waren und sich der Unterstützung des Grafen und des Bischofs
sicher sein konnten. Die aus gehandelten Eingungen zielten neben der Klärung der
Besitzverhältnisse vor allem auf eine Veränderung der Beziehungen zwischen den
beiden Streitparteien ab. So galt es vor allem, das Verhältnis zwischen den Ministe-
rialen des Klosters und der Gemeinschaft wieder in Erinnerung zu rufen und zum
Teil neu zu definieren. In Saint-Bertin lassen sich zudem Versuche fassen, dieses
verbesserte Verhältnis mittels eines Amtseides zu verstetigen.
Die correctio von Saint-Bertin darf jedoch nicht allein aus der Perspektive des
Klosters und seiner aktiv betriebenen Restitutionspolitik betrachtet werden. Rich-
tet man den Blick nämlich auf das soziale Umfeld der Abtei, wird deutlich, dass eine
correctio Teil der unterschiedlichsten politischen, wirtschaftlichen und religiösen
Interessen der weltlichen Herren sein konnte. Fromme Schenkungen an das Kloster
waren vordergründig Ausdruck der Unterstützung der Mönche, konnten aber zu-
gleich von den Großen der Grafschaft und vom Grafen selbst für die eigene Politik
774 Simon, Gesta, II, c. 81, S. 651: »Susceptioni pauperum adeo devotus fuit, ut preter eam liberalitatem
humanitatis, quam diversis temporibus pauperibus exhibuit, tabulam argenteam diebus famis ad egen-
tium usus erogaret. Hospitalitati, quae usque ad id temporis egte impendebatur, tanta mentis alacritate
incubuit, ut quod ille caritatis intuitu inceperat postmodum huic aecclesiae ad maximum gravamen a
posteris pro debito exigeretur.«
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften