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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0183
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4. Simons Gesta abbatum als Überrest der correctio | 179

Wohlstand der Gemeinschaft gleichzusetzen ist, ist die Formulierung regularis nor-
ma weit weniger eindeutig. Genau genommen bezeichnet sie lediglich die Einhal-
tung der Regel. Dass dabei die Lebensweise von Cluny in irgendeiner Weise eine
Rolle spielte, ist zwar durchaus anzunehmen, wird aber von Simon mit keinem
Wort erwähnt.
Zu Beginn des nachfolgenden Kapitels bemerkt Simon überleitend, dass Auchy-
les-Moines hinsichtlich der disciplina gemäß seinem Vorbild gestärkt worden sei.783
Diese kurze Bemerkung zeigt, dass die Provenienz des Einflusses sehr wohl eine
Rolle spielte. Bedenkt man, dass Simon mit seiner Darstellung in erster Linie die
Stellung seiner eigenen Abtei hervorheben wollte, ist mit suum modulum wohl vor
allem Saint-Bertin gemeint.784
Das Beispiel von Auchy-les-Moines zeigt außerdem, wie sehr Simon die cor-
rectio und den Erfolg eines Klosters an die Person des Abtes gebunden sah. Wäh-
rend Odo die Gemeinschaft über zwanzig Jahre »sehr ehrenvoll« leitete, weiß der
Verfasser über den Vorgänger Norbert nur zu bemerken, dass er ein vir magnae
simplicitatis et innocentiae gewesen sei.785 Diese Bezeichnung, die freilich wichtige
monastische Tugenden umschreibt, lässt Norbert angesichts der Situation, die sein
Nachfolger Odo in Auchy-les-Moines vorgefunden hatte, als einen Abt erscheinen,
der der Bürde seines Amtes nicht gewachsen war.786
4.1.2. Bergues-Saint-Winnoc
Die Kunde von der erfolgreichen correctio der Abtei von Auchy-les-Moines sei,
so Simon, bis ans Meer getragen worden, wo das alte Kloster von Bergues-Saint-
Winnoc lag. Dieses Kloster, das einst von Säkularkanonikern bewohnt worden war,
sei unter Abt Rodericus von Saint-Bertin zu einem Mönchskloster umgewandelt
worden und habe von da an ein sehr freundschaftliches Verhältnis mit Sithiu ge-
pflegt: So habe das eine Kloster das andere verbessert (corrigere}, als wären sie eins

783 Simon, Gesta, II, c. 72, S. 650: »Hoc ergo monasterio pulcre iuxta suum modulum in disciplina confir-
mato, [...].«
784 Zur Rolle Saint-Bertins innerhalb der flandrischen Klosterlandschaft vgl. S. Vanderputten, Crisis of
Cenobitism.
785 Simon, Gesta, II, c. 71, S. 649: »Primo igitur Alciacensi aecclesia pastore destituitur proprio, magnae
simplicitatis et innocentiae viro nomine Norberte.«
786 S. Vanderputten, Crisis of Cenobitism, S. 265 sieht in dieser Formulierung auch ein Indiz dafür, dass
Norbert sich nicht gegen die Ansprüche Sithius wehrte, wonach Auchy-les-Moines als abhängiges Klos-
ter von Saint-Bertin galt.
 
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