Metadaten

Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0185
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4. Simons Gesta abbatum als Überrest der correctio | 181

kennen konnte (z/t homo}, habe er auch jene auf genommen, die ihm später so große
Schwierigkeiten bereiten sollten, eine Bemerkung, die Simon bereits in ähnlicher
Weise bezüglich seines Lehrers Lamberts geäußert hatte.792
In Simons Darstellung wird deutlich, dass die correctio des Klosters in erster
Linie auf die Gesinnung der Brüder abzielte: Dort wo einst falsche Beschuldi-
gungen, Komplizenschaft und zu starke Verbindungen mit der Welt vorzufinden
waren, sei man mit Abt Hermes und der nötigen Unterstützung von außen im opus
Dei entbrannt, so dass im Inneren die religio geglüht habe. Mit religio wird hier
also mehr auf eine innere Haltung verwiesen als auf handlungsleitende Normen in
Form eines neuen Ordos. Dennoch impliziert der Text, dass Hermes die Profess in
Cluny abgelegt und dort wohl, wie bereits zuvor Lambert, den ordo cluniacensis
erlernt hatte.793 Bedenkt man allerdings, dass, wie Cochelin zeigen konnte, ein
neuer Ordo in erster Linie durch das docere verbo et exemplo vermittelt wurde,
liegt es nahe, dass bei diesem Unterfangen vor allem den aus Sithiu kommenden
Mönchen und weniger dem neuen Abt eine zentrale Rolle zukam.794 Die Einfüh-
rung eines neuen Ordos oder von Teilen eines neuen Ordos in Bergues war somit
in erster Linie durch die in Saint-Bertin praktizierte Lebensweise geprägt und si-
cherlich weniger durch den von Hermes in Cluny erlernten Ordo. Dennoch ist es
bemerkenswert, dass Simon offensichtlich großen Wert darauf legte, den Abt in
irgendeiner Weise mit Cluny in Verbindung bringen zu können. Der Aufenthalt
und wohl auch die Profess in Cluny waren somit weniger ausschlaggebend für die
konkrete Umsetzung eines neuen Ordos als vielmehr ein nach außen hin sichtbares
Zeichen der Erneuerung, das wie die große Zahl von Klostereintritten zeigt, sein
Ziel nicht verfehlte.
Wie im Falle Saint-Bertins selbst sollte auch in Bergues der anfängliche Erfolg
schon bald in sein Gegenteil verkehrt werden, denn der Neid des Teufels habe die
792 Simon, Gesta, II, c. 74, S. 650: »Bergenses vero novitate vitae veterem hominem nolentes deponere, de
suis electionem animo obstinato fecere. Sed episcopus lohannes cernens sic non oportere, cum viris
prudentibus principi terrae innotuit, aecclesiam desolatam vita correctiori indigere, de religiosis electum
indisciplinatis abbatem constitui debere. Clementia nobilis comitissa hortatu patris Lamberti maritum
monarchem Robertum iuniorem ad hoc deflexit. Comes episcopo in hoc priorem nostrum Ermetum
constituendum decrevit. Qui in aecclesia Sithiensi a puericia nutritus et eo tempore Cluniaci commorans,
hinc otius revocatus est: et indicto conventu, prefixo die comes, episcopus, pater Lambertus cum eodem
Erntete fratribusque nostris ad ordinem servandum adhibitis Bergis affuere. Bergensibus itaque hinc
illincque dispersis, tarn episcopali auctoritate quam comitis potentia Ermes consecratus abbas cenobio
Bergensi introducitur. Diruta pene atque imperfecta invenit omnia. Accingitur in opus Dei; fervet intus
religio, cuius virtus certo exterius clarescit indicio. Convertuntur seculares, currunt ad vitam commu-
nem; quos quia abbas, ut homo, tantum in facie novit, quam plures ad religionem suscepit, quos postea
totius religionis subversores et proprii honoris calidissimos expertus est insidiatores; [...].« Zur letzten
Bemerkung vgl. auch Simon, Gesta, II, c. 68, S. 649.
793 Simon, Gesta, II, c. 65, S. 648: »[...] ordinem didicit.«
794 I. Cochelin, Evolution; Dies., Communities and Customs.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften