224 | II. Die Abtei von Marchiennes
Amt des Abtes von ihr übernommen haben und schließlich dort gestorben sein.921
Zeitgleich mit der Propagierung des Maurontuskultes in Marchiennes beanspruch-
ten aber auch die Kanoniker von Saint-Amee in Douai diesen Heiligen, dessen Re-
liquien sie in ihrer Gemeinschaft verehrten.922 Dies tat dem Kult in Marchiennes je-
doch offensichtlich keinen Abbruch, wovon ein Miraculum Sancti Mauronti zeugt,
das eigentlich eine Predigt in neun Lektionen darstellt. Dieses Wunder habe sich
unter Abt Alberich (1033-1048) zugetragen und dürfte nach Henri Platelle kurze
Zeit nach seinem Abbatiat verfasst worden sein.923
Neben Maurontus wurde zudem die Bedeutung des heiligen Jonatus als Klos-
terpatron hervorgehoben. Diesbezüglich ist vor allem eine Handschrift aus Mar-
chiennes zu nennen, die verschiedene Texte über den heiligen Jonatus beinhaltet,
die wiederum in einzelne lectiones aufgeteilt waren: Neben einer Vita Jonati, die
Hucbald zugeschrieben wird, finden sich auch Berichte der inventio und elevatio
der Reliquien des heiligen Jonatus, die nach 1024 entstanden sein dürften.924 Die
Handschrift selbst ist nach Pavel Cerny in die Zeit Abt Leduins (1024-1033) zu
datieren und darf somit als ein wichtiges Instrument für die Propagierung der neuen
Heiligenkulte angesehen werden.925 Eine Miniatur aus dieser Handschrift macht
dieses Vorhaben noch einmal sehr anschaulich: Sie zeigt die heilige Rictrud um-
rahmt von den beiden Heiligen Maurontus und Jonatus.926 Die beiden männlichen
Heiligen verdrängten somit vor allem die heilige Eusebia als wichtigste Klosterpa-
tronin neben der heiligen Rictrud.927
Neben den Veränderungen im Innern der Gemeinschaft zielte die correctio
von 1024 vor allem auf die temporalia des Klosters ab. Ein zentrales Anliegen war
hierbei in erster Linie die Restitution von verlorengegangenem Klostergut und an-
schließend dessen Schutz. In diesem Zusammenhang ist eine Urkunde von 1046
zu nennen, in der Graf Balduin V. sämtliche Besitzungen und Rechte des Klosters
bestätigte.928 Für ihren Schutz wurde wenige Jahre zuvor ein eigener Klostervogt
eingesetzt. In einer Urkunde von 1038 übertrug derselbe Graf die Untervogtei von
Marchiennes auf Wunsch der Mönche an einen gewissen Hugo von Aubigny.929
921 Vita Mauronti, S. 53-54; vgl. zudem K. Uge, Creating the Monastic Past, S. 131.
922 Vgl. dazu K. Uge, Creating the Monastic Past, S. 142-161.
923 Miraculum sancti Mauronti, 2, S. 41-43; H. Platelle, Crime et chätiment ä Marchiennes, S. 161.
924 Douai, BM, ms. 849; S. Vanderputten, A miracle of Jonatus, S. 55-57.
925 Zur Datierung der Handschrift vgl. P. Cerny, Les manuscrits ä peinture, S. 52.
926 Douai, BM, ms. 849, fol. 71v-72r; S. Vanderputten, B. Meijns, Realities of Refomist Leadership, S. 65;
eine Abbildung dieser Darstellung findet sich in S. Vanderputten, Reform as Process, S. 138. Die weib-
lichen Heiligen Adalsendis, Eusebia und Clotsendis werden auf dem gegenüberliegenden Folio (72r)
dargestellt.
927 K. Uge, Creating the Monastic Past, S. 131.
928 Urkunde ediert in B. Delmaire, L’Histoire-Polyptyque, S. 97-99.
929 Zu den Aubigny vgl. J. E Nieus, Un pouvoir comtal, S. 225, 286-287.
Amt des Abtes von ihr übernommen haben und schließlich dort gestorben sein.921
Zeitgleich mit der Propagierung des Maurontuskultes in Marchiennes beanspruch-
ten aber auch die Kanoniker von Saint-Amee in Douai diesen Heiligen, dessen Re-
liquien sie in ihrer Gemeinschaft verehrten.922 Dies tat dem Kult in Marchiennes je-
doch offensichtlich keinen Abbruch, wovon ein Miraculum Sancti Mauronti zeugt,
das eigentlich eine Predigt in neun Lektionen darstellt. Dieses Wunder habe sich
unter Abt Alberich (1033-1048) zugetragen und dürfte nach Henri Platelle kurze
Zeit nach seinem Abbatiat verfasst worden sein.923
Neben Maurontus wurde zudem die Bedeutung des heiligen Jonatus als Klos-
terpatron hervorgehoben. Diesbezüglich ist vor allem eine Handschrift aus Mar-
chiennes zu nennen, die verschiedene Texte über den heiligen Jonatus beinhaltet,
die wiederum in einzelne lectiones aufgeteilt waren: Neben einer Vita Jonati, die
Hucbald zugeschrieben wird, finden sich auch Berichte der inventio und elevatio
der Reliquien des heiligen Jonatus, die nach 1024 entstanden sein dürften.924 Die
Handschrift selbst ist nach Pavel Cerny in die Zeit Abt Leduins (1024-1033) zu
datieren und darf somit als ein wichtiges Instrument für die Propagierung der neuen
Heiligenkulte angesehen werden.925 Eine Miniatur aus dieser Handschrift macht
dieses Vorhaben noch einmal sehr anschaulich: Sie zeigt die heilige Rictrud um-
rahmt von den beiden Heiligen Maurontus und Jonatus.926 Die beiden männlichen
Heiligen verdrängten somit vor allem die heilige Eusebia als wichtigste Klosterpa-
tronin neben der heiligen Rictrud.927
Neben den Veränderungen im Innern der Gemeinschaft zielte die correctio
von 1024 vor allem auf die temporalia des Klosters ab. Ein zentrales Anliegen war
hierbei in erster Linie die Restitution von verlorengegangenem Klostergut und an-
schließend dessen Schutz. In diesem Zusammenhang ist eine Urkunde von 1046
zu nennen, in der Graf Balduin V. sämtliche Besitzungen und Rechte des Klosters
bestätigte.928 Für ihren Schutz wurde wenige Jahre zuvor ein eigener Klostervogt
eingesetzt. In einer Urkunde von 1038 übertrug derselbe Graf die Untervogtei von
Marchiennes auf Wunsch der Mönche an einen gewissen Hugo von Aubigny.929
921 Vita Mauronti, S. 53-54; vgl. zudem K. Uge, Creating the Monastic Past, S. 131.
922 Vgl. dazu K. Uge, Creating the Monastic Past, S. 142-161.
923 Miraculum sancti Mauronti, 2, S. 41-43; H. Platelle, Crime et chätiment ä Marchiennes, S. 161.
924 Douai, BM, ms. 849; S. Vanderputten, A miracle of Jonatus, S. 55-57.
925 Zur Datierung der Handschrift vgl. P. Cerny, Les manuscrits ä peinture, S. 52.
926 Douai, BM, ms. 849, fol. 71v-72r; S. Vanderputten, B. Meijns, Realities of Refomist Leadership, S. 65;
eine Abbildung dieser Darstellung findet sich in S. Vanderputten, Reform as Process, S. 138. Die weib-
lichen Heiligen Adalsendis, Eusebia und Clotsendis werden auf dem gegenüberliegenden Folio (72r)
dargestellt.
927 K. Uge, Creating the Monastic Past, S. 131.
928 Urkunde ediert in B. Delmaire, L’Histoire-Polyptyque, S. 97-99.
929 Zu den Aubigny vgl. J. E Nieus, Un pouvoir comtal, S. 225, 286-287.