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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0287
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5. Die zeitgenössischen Texte als Überreste der correctio | 283

Habseligkeiten zu entfernen und von ihm wegzuschaffen. Niemand sollte näm-
lich glauben, dass der Besitz vom Teufel stamme. Mit Handzeichen deutete er an,
welche Habseligkeiten es waren und hielt sie an, sich zu beeilen. Kaum waren die
besagten Gegenstände entfernt worden, seien seine Beschwerden auf einmal, einem
Hammerschlag gleich, verschwunden gewesen.1167 Galbert spricht diesbezüglich
von der paterna correctio, die Fulchard von allem Übel befreite. »Der fromme Va-
ter reinigt«, wie er bemerkt, »jene, die er geißelt.«1168
Fulchards Triefauge war somit nicht nur eine Prüfung, sondern auch eine deut-
liche Mahnung Gottes, die auf seine Besserung abzielte. In diesem Zusammenhang
bezieht sich die correctio auf Körper und Seele und verweist somit in ähnlicher
Weise wie die correctio einer Gemeinschaft in zwei Richtungen: interius et exterius.
Das Fehlverhalten des Bruders wird in dieser Episode klar benannt: Fulchard hatte
Eigenbesitz, was einem Mönch streng verboten war.1169 Dabei handelte es sich aber
tatsächlich nur um kleine Habseligkeiten, die er »nur spärlich für den eigenen Ge-
brauch vorbehielt«. Der Sterbende war sich aber darüber bewusst, dass man diese,
sollte man sie nach seinem Tod finden, als Eigenbesitz ansehen werde.1170 1171 Galbert
fordert mit dieser Geschichte freilich die absolute Besitzlosigkeit des Mönchs. Ein
Zugeständnis von noch so kleinen Habseligkeiten würde einen fließenden Übergang
zu Eigenbesitz zur Folge haben. Seine kompromisslose Haltung in dieser Angele-
genheit ist daher verständlich und deckt sich mit jener aus der Regula Benedicti.n7i
Neben dem Verzicht auf Eigenbesitz hebt Galbert in der Geschichte um
Fulchards Triefauge zudem die asketische Lebensweise hervor. Allein das Fasten
habe dem Bruder eine Linderung der Schmerzen bereitet. Da Fulchards Vergehen
zu diesem Zeitpunkt noch nicht aus der Welt geräumt war, hat sein Fasten einen
1167 Galbert, Patrocinium, c. 2, S. 145A: »Amissa ferme locutione, adhuc inter dentes quaedam vix intellecta
& inarticulata balbutiens, adstantium propius auribus immurmurabat; agens sollicite de sarcinulis pro-
jiciendis, quas a se removeri, vel potius projici flagitabat, ne forte illud proprium deputaretur a maligno
hoste, quod in proprios usus parce reservabat: & quae forte sibi commissa vel commendata fuerant,
manuum potius nutibus quam articulatis vocibus significans, quorum essent, erogare properabat. Sed
quid plura? Benigna invectio, vel potius paterna correctio miserentis Patris, omne fermentum malitiae,
si quod residuum fuerat, excoxit; & quasi mallei impulsu, cuneo cerebro coarctato, omnem pessimum
succum vitiorum ab eo expressit.«
1168 Galbert, Patrocinium, c. 2, S. 145A: »Tandem pius Pater, qui flagellat quos erudit, corpus flagellatum
exterius, cor contritum interius, solita pietate respexit; corpusque capitis aegritudine fere exanimatum,
vitae redditum potenter erexit.«
1169 RB33.
1170 VgL dazu eine Episode bei Guibert von Nogent, Monodiae, I, c. 22, S. 176-179, in der berichtet wird,
wie man bei einem verstorbenen Mönch unterschlagenes Geld findet und ihm hierauf das christliche
Begräbnis verweigert.
1171 RB 33,1-4: »Praecipue hoc vitium radicitus amputandum est de monasterio, ne quis praesumat aliquid
dare aut accipere sine iussione abbatis, neque aliquid habere proprium, nullam omnino rem, neque co-
dicem, neque tabulas, neque graphium, sed nihil omnino, quippe quibus nec corpora sua nec voluntates
licet habere in propria voluntate [...].«
 
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