5. Die zeitgenössischen Texte als Überreste der correctio | 303
Mönch zu hüten hatte.1237 Fulchards Versuche, sein Amt zurückzuerhalten, führen
dies besonders deutlich vor Augen: Sie reichen von Simonie und Schmeicheleien,
über Selbsterkenntnis und Besserung hin zu Intrigen und Drohungen mit der Rache
der Verwandten. An verschiedenen Stellen seines Textes lässt er durchscheinen, dass
Abt Fulchard sich seines Fehlverhaltens durchaus bewusst war: so beispielsweise als
ihn der Anblick der großen Armut, in der Bruder Fulchard lebte, um sich voll und
ganz in den Dienst des Klosters zu stellen, derart ergriff, dass er sich seiner Habgier
bewusst wurde und davon Abstand nehmen wollte.
Fulchards Beteuerungen vor dem Bischof, sein Verhalten ändern und sich bes-
sern zu wollen, sind dagegen schwieriger zu bewerten. Die hier vor Augen geführte
correctio des ehemaligen Abtes ist eher mit leeren Lippenbekenntnissen und kei-
nesfalls mit einem tiefen inneren Wandel und wahrer Buße gleichzusetzen. Hierzu
sei Fulchard erst am Ende seines Lebens in der Lage gewesen, nachdem er sich
endgültig von seiner Familie abgewandt hatte und versöhnt mit Gott starb.
Das gute Ende Abt Fulchards ist von besonderem Interesse, da Galbert damit
all jenen Mönchen Hoffnung gibt, deren monastisches Leben nicht in der Wei-
se verlaufen war, wie das des frommen Bruders Fulchard. Gerade im Kontext der
correctio von Marchiennes war es besonders wichtig, auch für jene Mönche eine
realistische Orientierung zu bieten, die einer correctio bedurften. Geht man davon
aus, dass unter Abt Amand wieder einige der zuvor aus der Gemeinschaft ausge-
schlossenen Mönche nach Marchiennes zurückgekehrt waren, scheint gerade für
sie die negative Darstellung Abt Fulchards von zentraler Bedeutung gewesen zu
sein. Zunächst weil Galbert mit der Diffamierung und Kriminalisierung der Person
Fulchards und seiner Klosterpolitik ihre Entscheidung, das Kloster zu verlassen,
ein Stück weit rechtfertigte. Bedenkt man aber, welche schlechte Meinung Gal-
bert von diesen Mönchen hatte, ist anzunehmen, dass seine Darstellung auch zur
moralischen Unterweisung diente.1238 Löst man die thematisierten Missstände und
schlechten Verhaltensweisen von der Person Abt Fulchards, wird klar, dass sich
viele Mönche mit dem Beschriebenen identifizieren konnten. Vor allem das Übel
des Eigenbesitzes, aber auch die weltlichen Interessen und der zu große Einfluss
der Verwandten waren Missstände, mit denen sich nicht nur die zurückgekehrten
Mönche, sondern auch die künftigen Generationen des Klosters auseinandersetzen
mussten.1239 Um trotz dieser Verfehlungen schließlich das Heil zu erlangen, be-
1237 RB 58,17: »Suscipiendus autem in oratorio coram omnibus promittat de stabilitate sua et conversatione
morum suorum et oboedientiam.« Zur Bedeutung der stabilitas vgl. auch M. Puzicha, Kommentar zur
Benediktusregel, S. 64, zur inneren Unbeständigkeit der Gyrovagen ebd., S. 74.
1238 Und dies auch für die künftigen Generationen im Kloster.
1239 Eigenbesitz und der Einfluss der Verwandten dürften auch die aus der Gemeinschaft ausgeschlossenen
Mönche betroffen haben. Zum Eigenbesitz vgl. Galbert, Patrocinium, c. 3, S. 146E; der Einfluss der
Mönch zu hüten hatte.1237 Fulchards Versuche, sein Amt zurückzuerhalten, führen
dies besonders deutlich vor Augen: Sie reichen von Simonie und Schmeicheleien,
über Selbsterkenntnis und Besserung hin zu Intrigen und Drohungen mit der Rache
der Verwandten. An verschiedenen Stellen seines Textes lässt er durchscheinen, dass
Abt Fulchard sich seines Fehlverhaltens durchaus bewusst war: so beispielsweise als
ihn der Anblick der großen Armut, in der Bruder Fulchard lebte, um sich voll und
ganz in den Dienst des Klosters zu stellen, derart ergriff, dass er sich seiner Habgier
bewusst wurde und davon Abstand nehmen wollte.
Fulchards Beteuerungen vor dem Bischof, sein Verhalten ändern und sich bes-
sern zu wollen, sind dagegen schwieriger zu bewerten. Die hier vor Augen geführte
correctio des ehemaligen Abtes ist eher mit leeren Lippenbekenntnissen und kei-
nesfalls mit einem tiefen inneren Wandel und wahrer Buße gleichzusetzen. Hierzu
sei Fulchard erst am Ende seines Lebens in der Lage gewesen, nachdem er sich
endgültig von seiner Familie abgewandt hatte und versöhnt mit Gott starb.
Das gute Ende Abt Fulchards ist von besonderem Interesse, da Galbert damit
all jenen Mönchen Hoffnung gibt, deren monastisches Leben nicht in der Wei-
se verlaufen war, wie das des frommen Bruders Fulchard. Gerade im Kontext der
correctio von Marchiennes war es besonders wichtig, auch für jene Mönche eine
realistische Orientierung zu bieten, die einer correctio bedurften. Geht man davon
aus, dass unter Abt Amand wieder einige der zuvor aus der Gemeinschaft ausge-
schlossenen Mönche nach Marchiennes zurückgekehrt waren, scheint gerade für
sie die negative Darstellung Abt Fulchards von zentraler Bedeutung gewesen zu
sein. Zunächst weil Galbert mit der Diffamierung und Kriminalisierung der Person
Fulchards und seiner Klosterpolitik ihre Entscheidung, das Kloster zu verlassen,
ein Stück weit rechtfertigte. Bedenkt man aber, welche schlechte Meinung Gal-
bert von diesen Mönchen hatte, ist anzunehmen, dass seine Darstellung auch zur
moralischen Unterweisung diente.1238 Löst man die thematisierten Missstände und
schlechten Verhaltensweisen von der Person Abt Fulchards, wird klar, dass sich
viele Mönche mit dem Beschriebenen identifizieren konnten. Vor allem das Übel
des Eigenbesitzes, aber auch die weltlichen Interessen und der zu große Einfluss
der Verwandten waren Missstände, mit denen sich nicht nur die zurückgekehrten
Mönche, sondern auch die künftigen Generationen des Klosters auseinandersetzen
mussten.1239 Um trotz dieser Verfehlungen schließlich das Heil zu erlangen, be-
1237 RB 58,17: »Suscipiendus autem in oratorio coram omnibus promittat de stabilitate sua et conversatione
morum suorum et oboedientiam.« Zur Bedeutung der stabilitas vgl. auch M. Puzicha, Kommentar zur
Benediktusregel, S. 64, zur inneren Unbeständigkeit der Gyrovagen ebd., S. 74.
1238 Und dies auch für die künftigen Generationen im Kloster.
1239 Eigenbesitz und der Einfluss der Verwandten dürften auch die aus der Gemeinschaft ausgeschlossenen
Mönche betroffen haben. Zum Eigenbesitz vgl. Galbert, Patrocinium, c. 3, S. 146E; der Einfluss der