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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0333
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329

III. Die Abtei Saint-Martin in Tournai

Die Abtei Saint-Martin vor den Toren der Stadt Tournai war eine sehr alte Grün-
dung, die im Zuge der Normanneneinfälle aufgegeben worden war und Ende des
11. Jahrhunderts wieder begründet wurde. Es handelt sich somit um eine jener
Gründungen, die im Kontext des religiösen Aufbruchs stehen.
Das Martinskloster erweist sich als Untersuchungsgegenstand für die vorliegen-
de Studie aus mehreren Gründen als besonders geeignet: Zunächst handelt es sich
um ein Kloster, das weder in der zeitgenössischen Historiographie noch in der For-
schung mit einer correctio in Verbindung gebracht wurde. Für die Zeitgenossen war
vielmehr die restauratio der Gemeinschaft Ende des 11. Jahrhunderts entscheidend;
nach ihrer Vorstellung war sie, in Anbetracht der langen Tradition des Klosters,
nichts anderes als eine Art correctio, wenngleich die Umstände und Ereignisse sie
aus der modernen Sicht eher als eine Neugründung erscheinen lassen. Dennoch sind
in Saint-Martin Ende der 1130er Jahre Entwicklungen zu erkennen, die auf eine
correctio des Klosters hinweisen und in Verbindung mit dem zelus religionis der
abbates comprovinciales zu bringen sind. Saint-Martin ist somit zwar ein recht spä-
tes Beispiel für eine correctio, aber gerade deswegen besonders interessant, bietet es
doch die Möglichkeit, zu untersuchen, wie eine Gemeinschaft auf den Versuch der
abbates comprovinciales, die klösterlichen Lebensweise zu verstetigen, reagierte.
Saint-Martin eignet sich zudem besonders gut, weil für diese Zeit mit dem Liber
de restauratione Hermanns von Tournai ein großes historiographisches Werk über-
liefert ist, das zudem noch nie unter dem Blickwinkel der correctio betrachtet wurde.
Hermann selbst ist ein äußerst interessanter Autor, da er aus einer Familie stammte,
die eng mit der Geschichte des Klosters verbunden war, und weil er als Zeitzeuge
des Berichteten gelten darf. Ferner trug er mit dazu bei, dass die Gemeinschaft
in eine Krise geraten war und deshalb einer correctio unterzogen werden musste.
Hermann ist schließlich ein Verfasser, der in seinen Werken wichtige Einblicke in
die Vorstellung von correctio liefert und darüber hinaus seine besondere Affinität
zu Norbert von Xanten und den Prämonstratensern nicht verschweigt.
 
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