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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Editor]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0347
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2. Die restauratio der Abtei von Saint-Martin (1092-1105) | 343

Weise zu zeigen versucht hatte, dass »Hermann von Laon« mit dem ehemaligen Abt
von Saint-Martin in Tournai gleichzusetzen ist, wurde dieser Gedanke unlängst von
Alain Saint-Denis aufgegriffen und weitergeführt, so dass heute kein Zweifel mehr
an der Autorschaft Hermanns von Tournai besteht.1373
Die Miracula wurden ursprünglich zusammen mit einigen anderen Werken
überliefert. Dazu gehören neben einem Widmungsbrief eine Vita Hildefonsi^74 und
drei Werke aus der Feder desselben Heiligen Hildefons über die Jungfrau Maria.1375
Die Miracula gliedern sich in drei Bücher, die wohl in mehreren Etappen entstan-
den sind.1376 Zunächst berichtet Hermann von den tragischen Ereignissen des Jahres
1112 in Laon, dem Kommunenaufstand, der Ermordung Bischof Gaudrys, dem
Brand der Kathedrale und dessen verheerenden Folgen.1377 Um den Wiederaufbau
der Kathedrale zu finanzieren, organisierte das Domkapitel von Laon Umfahrten
der Marienreliquien.1378 Die Wunder, die sich in diesem Zusammenhang in Frank-
von Tournai zugeordnet. Auf französisch-belgischer Seite schloss sich dieser Meinung Ch. Dereine,
Les origines de Premontre, S. 363 an. Zweifel an dieser These schlugen sich nieder in den Arbeiten von
M. Pacaut, Louis VII et les elections episcopales, S. 17; N. N. Huyghebaert, Les abbes de Saint-Bertin,
S. 425, Anm. 8; S. Martinet, Artikel »Laon«, Sp. 1820 ff. W. M. Grauwen, Artikel »Norbert van Maag-
denburg«, Sp. 624; J. M. Canal, Tradiciön manuscrita, S. 51 ff.
1373 G. Niemeyer, Die Miracula, S. 133-174 zeigt sehr plausibel anhand einer genauen Nachzeichnung der
Biographie Hermanns von Tournai, aber auch anhand der zwischen Saint-Martin in Tournai und dem
Laonnois bestehenden Beziehungen, dass die von der älteren deutschen Forschung vermutete Autor-
schaft Hermanns von Tournai ihre Richtigkeit hatte; Alain Saint-Denis knüpft daran an, zeigt zudem,
welche Beziehungen zwischen Hermann und Bartholomäus von Jur bestanden, und darüber hinaus,
dass es stilistische und inhaltliche Übereinstimmungen mit dem Liber de restauratione gibt. VgL dazu
auch A. Saint-Denis, Hermannus Monachus, S. 1611-1647.
1374 Der recht kurze Text der Vita Hildefonsi Hermanns ähnelt weniger einem klassischen Vitentext, son-
dern einer Art Kurzvita oder Zusammenfassung. Unklar ist, ob es sich bei diesem Text lediglich um
eine Abschrift oder um eine Zusammenfassung aus der Feder Hermanns handelt.
1375 Die wahrscheinlich ursprüngliche Kompilation findet sich in der aus Saint-Germain des Pres (13. Jh.)
stammenden Handschrift Paris, BnF, ms. lat. 12593. Bei dem Werk des Hildefons von Toledo handelt es
sich um die drei Bücher des De virginitate sancte Mariae, vgl. dazu J. M. Canal, Tradiciön manuscrita.
1376 Zur genauen inhaltlichen Analyse der drei Bücher vgl. Heriman, Les miracles, S. 27-35; zur Datierung:
G. Niemeyer, Die Miracula, S. 163-172 zeigt, dass das Werk in mehreren Phasen entstanden ist. Sie
verweist dabei auf die immer wieder vorkommenden Stilbrüche (S. 172) und stützt sich bei der Datie-
rung von Buch III auf Laon, BM, ms. 166bis, welche im Vergleich zu späteren Handschriften Lücken
aufzuweisen scheint. Ihrer Meinung zufolge gab es eine erste Fassung, die zwischen 1140 und Herbst
1142 entstand, eine zweite Fassung, die der Handschrift Laon, BM, ms. 166bis entspricht, sei zwischen
Herbst 1143 und 1144 zu datieren und schließlich sei eine dritte und letzte Fassung zwischen Sommer
1146 und Frühjahr 1147 entstanden. Heriman, Les miracles, S. 72 widerspricht allerdings dem Versuch
Niemeyers sich bei der Datierung auf die Handschrift aus Laon zu stützen. Er sieht in dieser Hand-
schrift keine eigenständige Version, sondern eine schnell entstandene Abschrift. Er datiert die beiden
ersten Bücher vor das Jahr 1141. Das dritte Buch sei seiner Meinung nach zwischen 1145 und 1146 aus
vier Teilen entstanden (ebd., S. 72-75).
1377 Heriman, Les miracles, I, c. 1, S. 130-134, c. 2, S. 134-142, III, c. 1, S. 198-202; die Hauptquelle zu
diesen Ereignissen ist das dritte Buch des Guibert de Nogent, Autobiographie, III, c. 7-14, S. 316- 416.
1378 Heriman, Les miracles, I, c. 3, S. 142-143; zum Phänomen dieser Umfahrten vgl. R. Kaiser, Quetes iti-
nerantes, S. 205 -225. Zu den Umfahrten der Marienreliquien von Laon vgl. zudem den ausführlichen
Bericht von Guibert de Nogent, Autobiographie, III, c. 12-13, S. 376-395; außerdem Ders., De laude
 
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