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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0360
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356 | III. Die Abtei Saint-Martin in Tournai

in Cambrai gelungen zu sein.1431 Doch wahrscheinlich bereits Ende des Jahres 1107
musste Odo die Stadt erneut verlassen, da sich Graf Robert II. im Frieden von
Aachen mit Heinrich V. versöhnt hatte und Odo nicht mehr mit der gräflichen
Unterstützung rechnen konnte.1432 Odo suchte daher Zuflucht in der Abtei von
Anchin, wo er sich von Anfang 1108 bis 1112 aufhielt.1433 Seine Rückkehr nach
Cambrai 1112 sollte nur von kurzer Dauer sein, da er bereits 1113 erneut in Anchin
nachgewiesen ist. In der Forschung wurde in diesem erneuten Aufenthalt Odos
in Anchin ein zweites Exil gesehen, das auf eine mögliche päpstliche Exkommu-
nikation zurückzuführen sei.1434 Amand von Castello berichtet dagegen in seinem
Schreiben an die Brüder von Saint-Martin, dass Odo schwer erkrankt sei und sich
deswegen nach Anchin habe bringen lassen, wo er schließlich am 19. Juni 1113 starb
und begraben wurde.1435 Der Tod Odos löste, wie Hermann in seiner Chronik deut-
lich zu erkennen gibt, einen Konflikt zwischen Anchin und Saint-Martin aus: Der
neue Abt des Martinsklosters Segard habe sich nämlich, nachdem die Gemeinschaft
1431 Hermann, Liber, c. 84, S. 138: »Mortuo ergo patre Henrici Henrico seniore, mandavit Cameracen-
sibus ut Gualcherum excomminicatum ex urbe pellerent [...]. Tuncque primum domnus Odo urbem
sedis sue pacifice Ingrediens.« Da Heinrich IV. am 7. August 1106 in Lüttich starb, muss der Einzug
danach stattgefunden haben. Die Gesta Galcheri, S. 86 und 91 sowie die Gestorum versio gallica,
S. 518-519 berichten, Odo sei 1106 auf Betreiben Roberts II. in die Stadt gekommen. Dieser habe sich
zu diesem Zeitpunkt nämlich mit Heinrich IV. gegen dessen Sohn verbündet. Ende 1107 habe sich Odo
aber dazu gezwungen gesehen, die Stadt zu verlassen, da Heinrich V. nach Cambrai kam.
1432 L. Kery, Die Errichtung des Bistum Arras, S. 306 weist darauf hin, dass Heinrich V. nach dem Frieden
von Aachen (1107) nach Cambrai gekommen war und seinen Vasallen und den Bürgern der Stadt u.a.
die Aufnahme Odos vorgeworfen hatte. Zudem hatte er Geiseln als Sicherheit für das Wohlverhalten
der Bürger genommen. Diese Geiseln sieht Kery als Grund dafür an, dass die Bürger von Cambrai Odo
daran hinderten, in Cambrai zu bleiben. Vgl. ebenfalls A. Cauchie, La querelle des investitures, Bd. 2,
S. 205.
1433 I. M. Resnick, Odo of Cambrai and the Investiture Crisis, S. 95.
1434 Die Gesta Odonis berichten genauso wie die altfranzösischen Gestorum versio gallica, Odo habe die
Investitur durch den Kaiser erhalten und sei deswegen vom Papst abgesetzt worden. Bedenkt man,
dass Heinrich V. 1111 im sogenannten Pravileg von Papst Paschalis II. die Genehmigung der Inves-
titur mit Ring und Stab erpresste, gibt dies durchaus Sinn. Es wäre denkbar, dass Heinrich V. auf
dieses wenngleich zweifelhaft erworbene Privileg verwiesen hatte und Odo dazu bewegen konnte,
die Investitur aus seinen Händen zu empfangen. Nachdem der Papst die Zugeständnisse des Pravilegs
allerdings 1112 wieder zurückgenommen hatte, wurden alle, die sich vom Kaiser hatten investieren
lassen, mit der Absetzung bestraft. Ein weiterer Aspekt, der zur Absetzung beigetragen haben könnte,
findet sich in einem Brief Bischof Lamberts von Arras (C. Giordanengo (Hg.), Le registre de Lambert,
E 116, S. 486-489) an Odo. Lambert spricht seinen Amtsbruder darin vorwurfsvoll auf Gerüchte an,
wonach sich Odo bei Graf Balduin für die Wiedervereinigung des erst kürzlich eigenständig gewor-
denen Bistums Arras mit Cambrai ausgesprochen habe. P. Allosery, Intervention flamande ä Cambrai,
S. 391 ist der Meinung, Odo sei vom Kaiser zu diesen Äußerungen gezwungen worden. Dass derartige
Forderungen vom Papst mit der Exkommunikation bestraft wurden, zeigen die päpstlichen Briefe
vom 6. April 1112 an den Erzbischof von Reims, das Volk und den Klerus von Arras und an Graf Bal-
duin VII. von Flandern, in denen er jedem mit dem Anathem drohte, der die Vereinigung der Bistümer
fordere. Vgl. dazu I. M. Resnick, Odo of Tournai and the Investiture Crisis, S. 96.
1435 Amand von Castello, De Odonis, S. 943: »Gravi etenim detentus valitudine, dimisso episcopatu, Aqui-
cinctum se deferri fecit.«
 
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