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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Hrsg.]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

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https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0412
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408 | III. Die Abtei Saint-Martin in Tournai

kanonikalen oder klerikalen Milieu stammte.1635 Diese Mönche verfügten über ganz
andere intellektuelle Voraussetzungen als jene ungebildeten Laien, die den Mönchs -
stand annahmen und ihre Tätigkeit eher auf die praktischen Bereiche beschränken
mussten.1636
Fazit
Im Mittelpunkt des Liber de restauratione steht die Gründergeneration von Saint-
Martin und ihr propositum. Hermann erinnert zunächst ganz allgemein daran, wes-
halb ein Individuum den Mönchsstand suchen sollte, wie sich seine Konversion in
idealer Weise vollziehen sollte und was einen vollkommenen Mönch ausmacht. Die-
ser sehr grundlegende Diskurs war gerade im Rahmen einer correctio von größter
Bedeutung, da er doch an die Fundamente des klösterlichen Daseins und Auftrags
erinnerte.
Hermann führt dem monastischen Leser zudem vor Augen, was die Einzigar-
tigkeit der eigenen Gemeinschaft einst ausgemacht hatte. Er gibt dabei mehr als
deutlich zu verstehen, dass Saint-Martin seine besondere Heiligkeit gerade aus dem
Leben der dortigen Brüder schöpfte. Die erste Generation versammelte heilige
Männer, da sie nicht nur schweigend und weltabgeschieden, sondern auch beson-
ders arm lebten und dennoch die caritas in Form der Armenspeisungen pflegten.
Für das soziale Umfeld des Klosters galt ein derartiges Leben als außerordentlich
vorbildlich und heilig, weshalb sich die Gemeinschaft seiner Unterstüzung sicher
sein konnte. Der Erfolg des Martinsklosters ging somit nach Hermann vor allem
auf jenen Bereich des klösterlichen Lebens zurück, der für die Außenwelt deutlich
sichtbar war: Neben der großen Armut waren dies vor allem die karitativen Leis-
tungen der Brüder. Ein weiteres wichtiges Indiz, das das Kloster für die Außenwelt
als einen heiligen Ort auszeichnete, war aber auch gerade die Nichtsichtbarkeit der
Mönche, nämlich die strenge Einhaltung der Klausur.
1635 Hermann berichtet genau, wer in die Gemeinschaft eingetreten ist und was derjenige als Schenkung
mitbrachte. Zu den Kanonikern vgL z.B. Hermann, Liber, c. 63, S. 114-115; zu den Laien vgl. ebd.,
c. 56, S. 98; ebd., c. 62, S. 110-113.
1636 So ist die Rede von einer ganzen Reihe von Laien, die Mönch werden wollten. Hermann beschränkt
sich dabei aber auf jene Bekehrten, die in ihrem weltlichen Leben eine bedeutende Rolle innehatten.
Neben seinen eigenen Verwandten, ist auch die Rede von Rittern und einigen Bürgern Tournais. Neben
Rudolf Osmund wird z.B. auch Heinrich erwähnt; siehe dazu Anm.1420; alle führen nach Hermanns
Darstellung praktische Tätigkeiten aus: Rudolf ist Prior, Heinrich sein Gehilfe, ein ehemaliger Ritter
namens Gerulf führt das »Heer« gegen die servi des Kathedralkapitels an. Zur Diskussion über die
Herkunft der Laienbrüder vgl. K. Hallinger, Woher kommen die Laienbrüder; E. Werner, Die gesell-
schaftlichen Grundlagen; Ders. und Martin Erbstösser, Sozial-religiöse Bewegung, S. 257-282; Ders.,
Bemerkungen zu einer neuen These; J. Dubois, L’institution des convers.
 
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