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Sellner, Harald [VerfasserIn]; Eberhard Karls Universität Tübingen [Grad-verleihende Institution] [Editor]
Klöster zwischen Krise und correctio: monastische "Reformen" im Hochmittelalterlichen Flandern — Klöster als Innovationslabore, Band 3: Tübingen, 2016

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48960#0443
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2. Die correctio der Abtei ab 1111 | 439

war.1746 Über seine Zeit als Mönch in Sithiu ist sehr wenig bekannt. Aus einer Schen-
kungsurkunde, die Alvisus 1143 als Bischof von Arras an Saint-Martin in Fives,
ein Priorat von Saint-Nicaise in Reims, ausstellte, erfährt man, dass er eben diese
Gemeinschaft von altersher geliebt und aufgrund ihres frommen Eifers gut gekannt
habe.1747 Sproemberg und Gerzaguet sehen darin ein Indiz dafür, dass Alvisus als
junger Mönch, wie bereits sein Lehrer Lambert, in Reims studiert hatte. Zudem sei
der erwähnte vigor religionis ein Hinweis darauf, dass sich dieser Aufenthalt in die
Zeit datieren lasse, in der Saint-Nicaise eine correctio erfahren hatte, und dass ihn
diese Erfahrung eventuell geprägt hatte.1748 In Sithiu erlebte Alvisus die Einführung
der cluniazensischen Consuetudines und hatte selbst aktiven Anteil an deren Ver-
breitung in der Grafschaft. 1109 schickte Abt Lambert zwölf Mönche nach Saint-
Vaast in Arras, um dort ein gottgefälliges Leben zu etablieren.1749 Alvisus gehörte
zu dieser Gruppe von Mönchen und spielte schon bald eine herausragende Rolle,
da er das Amt des Priors bekleidete.1750
Über die Wahl des Alvisus zum Abt von Anchin gibt es mehrere zeitnahe Quel-
len. In einem Brief Amands von Castello, des Priors von Anchin, an Bischof Lam-
bert von Arras werden die genaueren Umstände der Wahl erläutert. Darin erfährt
man, dass Bischof Lambert die Mönche von Anchin zur Wahl eines neuen Abtes
aufgerufen hatte. Obgleich die Gemeinschaft nicht vollständig gewesen war, wur-
de äußerst rege über einen Nachfolger beraten und verhandelt. Nach langem hin
und her sei die Wahl mit dem Einvernehmen aller auf Alvisus gefallen. Amand bat
Lambert daher, die Wahl zu bestätigen.1751 In einem weiteren Brief ersuchte Bischof
Lambert seinen Amtskollegen Johannes von Therouanne um die Bestätigung dieser
Wahl, stammte Alvisus doch ursprünglich aus dessen Diözese.1752 Ein dritter Brief
1746 Vgl. dazu K. E Werner, Artikel »Alvisus«, Sp. 498-499; H. Sproemberg, Alvisus, S. 27 verweist auf den
Bischofskatalog von Arras, der ihn als genere flamingus bezeichnet.
1747 B. M. Tock, Les chartes des eveques d’Arras, D 83, S. 98-99: »Quia juxta apostolum beneficienti^ et
communionis reminisci debemus §cclesi§ Beati Nichasii, quam ab antiquo dileximus et in vigore reli-
gionis eam florere cognovimus [...].«
1748 H. Sproemberg, Alvisus, S. 88-89; J. P. Gerzaguet, L’abbaye d’Anchin, S. 88.
1749 Simon, Gesta, II, c. 83, c. 84, c. 85, S. 651- 652. Aus Saint-Vaast ist eine Handschrift der Consuetudines
von Cluny erhalten, die nachweislich aus Saint-Bertin stammte; siehe dazu oben S. 138-141.
1750 Vgl. dazu Simon, Gesta, II, c. 86, S. 652.
1751 C. Giordanengo (Hg.), Le registre de Lambert, E 112, S. 482: »Quoniam, domine pater, ut vobis notum
est, electione qua donnum Gelduinum elegeramus frustrati sumus, vestrae parentes jussioni, condicta
die congregatis in unum cunctis propemodum filiis nostrae ecclesiae, post multimodam ventilationem,
tandem adminiculante Sancto Spiritu, quem nostris votis affore oravimus cum lachrymis, communi
consilio elegimus priorem ecclesiae Sancti Vedasti, donnum Alvisum, pastorem nobis fieri. Unde pre-
camur vestram clementiam quatenus dominum Lambertum, abbatem Sancti Bertini, super hoc negotio
pulsetis ut, quia monachus sui caenobii est professus, nostris assentare dignetur votis largiendo eum in
quo acclamavit totius sanior capituli assensus unanimis. Valete.«
1752 C. Giordanengo (Hg.), Le registre de Lambert, E 113, S. 482-484: »[...] immo praesumimus, quatenus
electionem quam Aquicinenses fratres de filio vestro Alviso, Sancti Vedasti priore, fecerunt nobiscum
 
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