474 | IV. Die Abtei von Anchin
Zisterzienser Buchmalerei aus Citeaux« erkennen lassen.1893 Beziehungen zu den
Zisterziensern lassen sich auch anderweitig nachweisen. So ist eine Handschrift aus
Citeaux überliefert, die Stephan Harding bei seinem Besuch in Saint-Vaast in Arras
1125 in Auftrag gegeben hat und in ihrer Ausführung dem Werk des »Meisters des
Grotesken« am nächsten kommt oder, wie Cerny vermutet, sogar von diesem selbst
ausgeschmückt worden sein könnte.1894 Für die Datierung bedeutet dies, dass dieser
Illuminator in Anchin ungefähr ab 1130 tätig war. Sein Stil und seine Techniken
sollten nicht nur in der Buchmalerei von Anchin Schule machen, sondern sich durch
seine Schüler weit darüber hinaus verbreiten. So finden sich Handschriften mit auf-
fallend ähnlichen Stilelementen in Marchiennes, Saint-Amand, Saint-Sepulchre in
Cambrai und in Saint-Vaast in Arras.1895
Ab der Mitte der 1160er Jahre, also wohl nach dem Tod Abt Gossuins, sollte die
Buchmalerei in Anchin neue Stilelemente aufgreifen. Zudem tauchen nun in einigen
Handschriften ganzseitige Bilder auf. Diese neue Richtung geht auf den sogenann-
ten »Gregoriusmeister« zurück, der seinen Namen einer großen Darstellung Papst
Gregors des Großen verdankt.1896 Der »Gregoriusmeister« weist in seinen Minia-
turen Stilelemente auf, die vermuten lassen, dass er sein Handwerk in Südengland
erlernt hatte. Ab den 1150er Jahren lässt sich seine Tätigkeit in Saint-Amand nach-
weisen, bevor er schließlich nach Anchin kam, wo auch er Schule machen sollte.1897
So existieren Handschriften, die offensichtlich nicht seiner Hand entstammen, sich
aber an seinen Stil anlehnen.1898 Ungefähr zeitgleich zum »Gregoriusmeister« wirkte
ein weiterer Illustrator, der aufgrund einer Darstellung König Davids in einem Psal-
1893 P. Cerny, Die romanische Buchmalerei, S. 40.
1894 Bei der Handschrift Dijon, BM, ms. 130 handelt es sich um einen Kommentar des Hieronymus zum
Propheten Jeremias. Sie zeigt auf fol. 104r ein großes Dedikationsbild, auf dem Stephan Harding,
der Abt von Saint-Vaast und der Schreiber Oisbertus dargestellt sind. D. Escudier, Le scriptorium de
St. Vaast d’Arras, S. 79 hält Oisbert für den Illustrator, wenngleich er in der Darstellung nur als scriptor
bezeichnet wird. Vgl. zudem P. Cerny, Die romanische Buchmalerei, S. 39-40, 65 (Anm. 25).
1895 P. Cerny, Romanische Buchmalerei, S. 42-43 sieht den Einfluss des »Meisters des Grotesken« in den
Handschriften aus Anchin: Douai, BM, ms. 16, ms. 23, ms. 42, ms. 253, ms. 278. An einigen dieser
Werke haben aber mit Sicherheit mehrere Illustratoren gewirkt. Außerhalb von Anchin finden sich
Spuren seines Stils in Marchiennes: Douai, BM, ms. 837, Paris, BnF, ms. lat. 1095, in Saint-Amand:
Valenciennes, BM, ms. 122, ms. 501, in Saint-Sepulchre in Cambrai: Cambrai, BM, ms. 280 und in
Saint-Vaast: Dijon, BM, ms. 130.
1896 Diese befindet sich in Douai, BM, ms. 315, II; vgl. dazu auch A. Boutemy, Enluminures, S. 235; P.
Cerny, Die romanische Buchmalerei, S. 47; Ders., Un manuscrit ä peintures, S. 51, Abb. 3.
1897 P. Cerny, Die romanische Buchmalerei, S. 44-47; zu Saint-Amand vgl. Ders., Un manuscrit ä pein-
tures, S. 39-53; A. Boutemy, Quelques manuscrits ä miniatures, S. 219-220, 223, 225.
1898 So z. B. in Douai, BM, ms. 257. Diese Handschrift ist seit 1918 verloren. Die große illuminierte Dedi-
kationsseite ist durch eine Reproduktion in A. Escallier, L’abbaye d’Anchin, S. 100 bekannt. Sie stellt
u.a. Abt Gossuin dar. A. Boutemy, Enluminures, S. 235 datiert sie noch in die Zeit Abt Gossuins,
obgleich er feststellt, dass die Art der Linierung jünger sein dürfte (S. 238). P. Cerny, Die romanische
Buchmalerei, S. 50 hingegen datiert das Werk nach 1165.
Zisterzienser Buchmalerei aus Citeaux« erkennen lassen.1893 Beziehungen zu den
Zisterziensern lassen sich auch anderweitig nachweisen. So ist eine Handschrift aus
Citeaux überliefert, die Stephan Harding bei seinem Besuch in Saint-Vaast in Arras
1125 in Auftrag gegeben hat und in ihrer Ausführung dem Werk des »Meisters des
Grotesken« am nächsten kommt oder, wie Cerny vermutet, sogar von diesem selbst
ausgeschmückt worden sein könnte.1894 Für die Datierung bedeutet dies, dass dieser
Illuminator in Anchin ungefähr ab 1130 tätig war. Sein Stil und seine Techniken
sollten nicht nur in der Buchmalerei von Anchin Schule machen, sondern sich durch
seine Schüler weit darüber hinaus verbreiten. So finden sich Handschriften mit auf-
fallend ähnlichen Stilelementen in Marchiennes, Saint-Amand, Saint-Sepulchre in
Cambrai und in Saint-Vaast in Arras.1895
Ab der Mitte der 1160er Jahre, also wohl nach dem Tod Abt Gossuins, sollte die
Buchmalerei in Anchin neue Stilelemente aufgreifen. Zudem tauchen nun in einigen
Handschriften ganzseitige Bilder auf. Diese neue Richtung geht auf den sogenann-
ten »Gregoriusmeister« zurück, der seinen Namen einer großen Darstellung Papst
Gregors des Großen verdankt.1896 Der »Gregoriusmeister« weist in seinen Minia-
turen Stilelemente auf, die vermuten lassen, dass er sein Handwerk in Südengland
erlernt hatte. Ab den 1150er Jahren lässt sich seine Tätigkeit in Saint-Amand nach-
weisen, bevor er schließlich nach Anchin kam, wo auch er Schule machen sollte.1897
So existieren Handschriften, die offensichtlich nicht seiner Hand entstammen, sich
aber an seinen Stil anlehnen.1898 Ungefähr zeitgleich zum »Gregoriusmeister« wirkte
ein weiterer Illustrator, der aufgrund einer Darstellung König Davids in einem Psal-
1893 P. Cerny, Die romanische Buchmalerei, S. 40.
1894 Bei der Handschrift Dijon, BM, ms. 130 handelt es sich um einen Kommentar des Hieronymus zum
Propheten Jeremias. Sie zeigt auf fol. 104r ein großes Dedikationsbild, auf dem Stephan Harding,
der Abt von Saint-Vaast und der Schreiber Oisbertus dargestellt sind. D. Escudier, Le scriptorium de
St. Vaast d’Arras, S. 79 hält Oisbert für den Illustrator, wenngleich er in der Darstellung nur als scriptor
bezeichnet wird. Vgl. zudem P. Cerny, Die romanische Buchmalerei, S. 39-40, 65 (Anm. 25).
1895 P. Cerny, Romanische Buchmalerei, S. 42-43 sieht den Einfluss des »Meisters des Grotesken« in den
Handschriften aus Anchin: Douai, BM, ms. 16, ms. 23, ms. 42, ms. 253, ms. 278. An einigen dieser
Werke haben aber mit Sicherheit mehrere Illustratoren gewirkt. Außerhalb von Anchin finden sich
Spuren seines Stils in Marchiennes: Douai, BM, ms. 837, Paris, BnF, ms. lat. 1095, in Saint-Amand:
Valenciennes, BM, ms. 122, ms. 501, in Saint-Sepulchre in Cambrai: Cambrai, BM, ms. 280 und in
Saint-Vaast: Dijon, BM, ms. 130.
1896 Diese befindet sich in Douai, BM, ms. 315, II; vgl. dazu auch A. Boutemy, Enluminures, S. 235; P.
Cerny, Die romanische Buchmalerei, S. 47; Ders., Un manuscrit ä peintures, S. 51, Abb. 3.
1897 P. Cerny, Die romanische Buchmalerei, S. 44-47; zu Saint-Amand vgl. Ders., Un manuscrit ä pein-
tures, S. 39-53; A. Boutemy, Quelques manuscrits ä miniatures, S. 219-220, 223, 225.
1898 So z. B. in Douai, BM, ms. 257. Diese Handschrift ist seit 1918 verloren. Die große illuminierte Dedi-
kationsseite ist durch eine Reproduktion in A. Escallier, L’abbaye d’Anchin, S. 100 bekannt. Sie stellt
u.a. Abt Gossuin dar. A. Boutemy, Enluminures, S. 235 datiert sie noch in die Zeit Abt Gossuins,
obgleich er feststellt, dass die Art der Linierung jünger sein dürfte (S. 238). P. Cerny, Die romanische
Buchmalerei, S. 50 hingegen datiert das Werk nach 1165.