6. Die spirituelle Prägung der Gemeinschaft in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts | 481
Anleitung für ein gottgefälliges monastisches Leben zu sehen. Die Tatsache, dass De
novitiis instruendis in keiner der Abteien, an deren correctio Anchin beteiligt war,
Verbreitung fand und nur in Anchin überliefert wurde, deutet darauf hin, dass die-
ser Text für den klosterinternen Gebrauch bestimmt war. Breitenstein geht davon
aus, dass dieser Text, der in der Tradition der monastischen Florilegien steht, auch
wie ein solches verwendet wurde. So ist es äußerst wahrscheinlich, dass De novitiis
instruendis als eine Art Materialsammlung fungierte, die dem Novizenmeister des
Klosters als Inspirationsquelle gedient haben könnte. Dieses Werk sprach aber, wie
bereits erwähnt, nicht nur die Gruppe der Novizen an, sondern alle Mönche, die
auf der Suche nach Gott waren. Der Text bot somit für jeden Mönch Gedanken,
Lehren und Ratschläge, die zur weiteren Kontemplation anregen sollten. De novi-
tiis instruendis war ein Werk, das für die monastische Erziehung über das Noviziat
hinaus gedacht war.1931 Ob dieses Werk aber, wie Gerzaguet vermutet, als kom-
plementärer Text zu den Consuetudines des Klosters gesehen werden darf, ist nach
Meinung Breitensteins äußerst fraglich, solange über die genaue Funktion dieses
Texts keine Klarheit herrscht.1932
Festgehalten werden darf, dass De novitiis instruendis ein Text ist, der sich in-
tensiv mit dem Mönchsdasein befasst. Man könnte sogar so weit gehen, zu sagen,
dass dieses Werk Gedanken wiedergibt, die eine gewisse Allgemeingültigkeit für all
jene hatten, die ein religiöses Leben führen wollten.1933 Im Zentrum dieses Traktats
steht der Blick auf den inneren Menschen. Es geht also weniger darum dem Leser
konkrete Handlungsanweisungen zu geben,1934 als vielmehr ihm vor Augen zu füh-
ren, was sein Leben und die Suche nach Gott ausmachten.
Von zentraler Bedeutung ist zunächst das Ideal der Weltflucht, das immer wieder
thematisiert wird. Dieses Thema scheint auf den ersten Blick zentral für die Ausbil-
dung von Novizen gewesen zu sein, da für diese Gruppe der kürzlich Konvertierten
der Bruch mit der Welt eine besonders schwere Herausforderung war.1935 Im Prolog
von De novitiis instruendis sowie in einem eigenen Kapitel wird deutlich gemacht,
dass alle Mönche Gefahr laufen, den weltlichen Dingen anzuhängen, sei es ganz
konkret durch Kontakt mit Verwandten1936 oder durch weltliche Verhaltensweisen,
1931 M. Breitenstein, De novitiis instruendis, S. 75.
1932 J. P. Gerzaguet, L’abbaye d’Anchin, S. 130-131; M. Breitenstein, De novitiis instruendis, S. 77.
1933 VgL dazu beispielsweise die Sentenzen aus den Werken Hugos von Saint-Victor: Novitiis erudiendis
utilis sententia, M. Breitenstein, De novitiis instruendis, S. 113-115; dazu ebd., S. 85.
1934 M. Breitenstein, De novitiis instruendis, S. 80.
1935 M. Breitenstein, De novitiis instruendis, S. 106, »De vanitate mundi«, ebd., S. 118.
1936 M. Breitenstein, De novitiis instruendis, S. 106: »Multi monachorum amore parentum non solum ter-
renis curis, sed etiam forensibus iurgiis involuti sunt, et pro suorum temporali salute, suas animas
perdiderunt.«
Anleitung für ein gottgefälliges monastisches Leben zu sehen. Die Tatsache, dass De
novitiis instruendis in keiner der Abteien, an deren correctio Anchin beteiligt war,
Verbreitung fand und nur in Anchin überliefert wurde, deutet darauf hin, dass die-
ser Text für den klosterinternen Gebrauch bestimmt war. Breitenstein geht davon
aus, dass dieser Text, der in der Tradition der monastischen Florilegien steht, auch
wie ein solches verwendet wurde. So ist es äußerst wahrscheinlich, dass De novitiis
instruendis als eine Art Materialsammlung fungierte, die dem Novizenmeister des
Klosters als Inspirationsquelle gedient haben könnte. Dieses Werk sprach aber, wie
bereits erwähnt, nicht nur die Gruppe der Novizen an, sondern alle Mönche, die
auf der Suche nach Gott waren. Der Text bot somit für jeden Mönch Gedanken,
Lehren und Ratschläge, die zur weiteren Kontemplation anregen sollten. De novi-
tiis instruendis war ein Werk, das für die monastische Erziehung über das Noviziat
hinaus gedacht war.1931 Ob dieses Werk aber, wie Gerzaguet vermutet, als kom-
plementärer Text zu den Consuetudines des Klosters gesehen werden darf, ist nach
Meinung Breitensteins äußerst fraglich, solange über die genaue Funktion dieses
Texts keine Klarheit herrscht.1932
Festgehalten werden darf, dass De novitiis instruendis ein Text ist, der sich in-
tensiv mit dem Mönchsdasein befasst. Man könnte sogar so weit gehen, zu sagen,
dass dieses Werk Gedanken wiedergibt, die eine gewisse Allgemeingültigkeit für all
jene hatten, die ein religiöses Leben führen wollten.1933 Im Zentrum dieses Traktats
steht der Blick auf den inneren Menschen. Es geht also weniger darum dem Leser
konkrete Handlungsanweisungen zu geben,1934 als vielmehr ihm vor Augen zu füh-
ren, was sein Leben und die Suche nach Gott ausmachten.
Von zentraler Bedeutung ist zunächst das Ideal der Weltflucht, das immer wieder
thematisiert wird. Dieses Thema scheint auf den ersten Blick zentral für die Ausbil-
dung von Novizen gewesen zu sein, da für diese Gruppe der kürzlich Konvertierten
der Bruch mit der Welt eine besonders schwere Herausforderung war.1935 Im Prolog
von De novitiis instruendis sowie in einem eigenen Kapitel wird deutlich gemacht,
dass alle Mönche Gefahr laufen, den weltlichen Dingen anzuhängen, sei es ganz
konkret durch Kontakt mit Verwandten1936 oder durch weltliche Verhaltensweisen,
1931 M. Breitenstein, De novitiis instruendis, S. 75.
1932 J. P. Gerzaguet, L’abbaye d’Anchin, S. 130-131; M. Breitenstein, De novitiis instruendis, S. 77.
1933 VgL dazu beispielsweise die Sentenzen aus den Werken Hugos von Saint-Victor: Novitiis erudiendis
utilis sententia, M. Breitenstein, De novitiis instruendis, S. 113-115; dazu ebd., S. 85.
1934 M. Breitenstein, De novitiis instruendis, S. 80.
1935 M. Breitenstein, De novitiis instruendis, S. 106, »De vanitate mundi«, ebd., S. 118.
1936 M. Breitenstein, De novitiis instruendis, S. 106: »Multi monachorum amore parentum non solum ter-
renis curis, sed etiam forensibus iurgiis involuti sunt, et pro suorum temporali salute, suas animas
perdiderunt.«