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Meinhold, Wiebke; Maul, Stefan M. [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts (Band 7): Ritualbeschreibungen und Gebete II — 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.53166#0010
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Vorwort des Herausgebers

Unter den ‘literarischen’ Keilschrifttexten, die bei den Ausgra-
bungen in Assur gefunden wurden, bilden Ritualanweisungen.
Heilvorschriften und Therapiebeschreibungen die weitaus am
stärksten vertretene Gruppe. Während die gut erhaltenen der
nach Berlin gelangten Schriftzeugnisse rasch vorgelegt wurden,
blieben die vielen stark beschädigten oder in allzu kleine
Tontafelscherben zerbrochenen Texte für lange Zeit unbeachtet.
Diese Schriftdokumente lassen zwar häufig noch erkennen, daß
sie zu Skripten gehören, die dem Bereich jener altorientalischen,
einst äsipütu genannten Disziplin zuzurechnen sind, welche
versprach, jegliche Form von Unheil vertreiben und Gesundheit.
Wohlergehen und Segen bewahren zu können. Oft aber reichen
die wenigen erhaltenen, nur lückenhaft auf uns gekommenen
Textpassagen nicht aus. ein solches Tafelbruchstück einer ganz
bestimmten Schrift oder einer ganz bestimmten Textgattung
zuzuordnen. Da die Handlungsanweisungen der Heiler nicht
selten den vollständigen Wortlaut von zu rezitierenden Beschwö-
rungen und Gebeten enthalten, ist es - namentlich im Fall kleiner
Tafelbruchstücke - außerdem kaum möglich. Tafeln mit Ritual-
und Therapiebeschreibungen sicher von Tafeln zu trennen, die
ausschließlich Gebete oder Beschwörungen enthielten. Deshalb
ist in der Reihe Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts
(KAL) diesen nur bruchstückhaften und schwer lesbaren Ton-
tafeln eine Folge von Bänden gewidmet, die denbewußt unscharf
gehaltenen Untertitel Ritualbeschreibungen und Gebete trägt.
Der erste. 2011 erschienene Teil (KAL 4: S. M. Maul. R. Strauß.
Ritualbeschreibungen und Gebete I) findet nun in dem siebten
Band der Keilschrifttexte aus Assur literarischen Inhalts seine
Fortsetzung.
In dem von Wiebke Meinhold vorgelegten zweiten Teil der
Ritualbeschreibungen und Gebete werden insgesamt 65 kleinere
und größere Tontafelbruchstücke bekannt gemacht. Sie spiegeln
die große Vielfalt des Schrifttums, dessen sich in mittel- und
neuassyrischer Zeit die in der assyrischen Metropole tätigen
Heiler bedienten, um ihren Beruf zu erlernen und auszuüben.
Neben Beschreibungen von Therapien, die die Heilung von
Augen- und Ohrenleiden sowie anderen Gebrechen in Aussicht
stellten, finden sich hier Anweisungen für Liebeszauber und
Beschreibungen von Verfahren, um Schadenzauber abzuwehren.
Regeln für einen Besucher des Palastes, um mit Amuletten
und Zaubersprüchen den Erfolg seiner Anliegen zu befördern.
Handlungsanleitungen für Riten, die dafür sorgen sollten,
daß sich der Feind den Grenzen des Landes nicht nähert, die
Beschreibung einer Liturgie, in deren sakramentalem Rahmen
sich das von Menschen gemachte Götterbild in die Gottheit
selbst verwandelte, und vieles andere mehr.

Leider wissen wir heute nm noch von einem Fünftel der hier
vorgelegten Keilschrifttexte, an welcher Stelle sie in den Ruinen
Assurs zutage kamen. Auch wenn es nicht unwahrscheinlich
ist. daß ein beträchtlicher Teil der Bruchstücke mittel- und
frühneuassyrischer Tontafeln aus dem Assur-Tempel stammt,
kann deshalb über Herkunft und Archivzugehörigkeit der großen
Mehrheit der in diesem Band edierten Tafelbruchstücke keine
Aussage gemacht werden.
Zwar gelang es. im Laufe der Zeit den fragmentarischen
Zustand der hier vorgestellten Texte durch eine Reihe physischer
Textzusammenschlüsse (sog. joins) ein wenig zu mildem, aber
gleichwohl können manche der in KAL 7 präsentierten Editionen
kaum mehr sein als ein Zwischenbericht.
In jedem Fall lohnt sich die Mühe, die Übersetzungen der
stark zerstörten Texte aufmerksam zur Kenntnis zu nehmen.
Auch in den nur sehr brachstückhaft auf uns gekommenen
Schriften der Heiler spiegelt sich nämlich in immer wieder
neuen Facetten zum einen das Weltbild einer frühen Hochkultur,
ihre Denkweise, ihr Wissen. Wollen und Können, zum anderen
führen die hier zugänglich gemachten Texte auf Schritt und Tritt
die Beschwerden. Nöte und Sorgen der Menschen vor Augen,
um deren Heilung man sich vor Jahrtausenden in der Metropole
am Tigris mühte.
Um die Rekonstruktion der hier vorgelegten Texte voran-
zutreiben. gilt es nicht nur weitere joins ausfindig zu machen,
sondern vor allem auch Duplikate zu identifizieren, die aus
anderen Fundorten oder auch aus anderen Epochen stammen. Die
internationale Gemeinschaft der Assyriologen wird dies anhand
veröffentlichter, unpublizierter und noch zu entdeckender Text-
zeugen schneller und umfänglicher leisten können, als es der
Heidelberger Forschungsstelle möglich wäre. Bei dieser noch
ausstehenden Arbeit werden die den Band ergänzenden Glossare
und die ausführlichen Indices, die auch ein Verzeichnis aller in
KAL 7 bezeugten Incipits von Gebeten und Beschwörungen
enthalten, gewiß von großem Nutzen sein.
Die Druckvorlage des vorliegenden Bandes erstellte die
Autorin. Luis Säenz war ihr dabei behilflich. Bei den notwendigen
Redaktionsarbeiten wurde ich von Lilian Baiensiefen und Saskia
Baderschneider unterstützt. Ihnen allen gilt mein aufrichtiger
Dank. Zu Dank bin ich auch den Vertretern des I brderasiatischen
Museums und der Deutschen Orient-Gesellschaft sowie der
Heidelberger Akademie der Wissenschaften verpflichtet, ohne
deren Unterstützung die Arbeit unserer Forschungsstelle nicht
möglich wäre.
Heidelberg, im Oktober 2016 Stefan M. Maul
 
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