Metadaten

Jaspers, Karl; Weidmann, Bernd [Hrsg.]; Fuchs, Thomas [Hrsg.]; Halfwassen, Jens [Hrsg.]; Schulz, Reinhard [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]; Akademie der Wissenschaften zu Göttingen [Hrsg.]; Schwabe AG [Hrsg.]
Karl Jaspers Gesamtausgabe (Abteilung 1, Band 13): Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung — Basel: Schwabe Verlag, 2016

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.51323#0309
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
208

Der philosophische Glaube angesichts der Offenbarung

-T47

Ontologie als Wissen vom Sein, sondern Periechontologie als Vergewisserung des Um-
greifenden meint.
Nennen wir die großen historischen Gestalten des Seinsbewußtseins ein Grundwis-
sen, so sind sie alle mehr als unser Versuch des modernen philosophischen Vergewis-
serns des Umgreifenden. Denn sie sind alle, weil schon erfüllt mit dem ganzen Gehalt,
für sich selbst genug, abgeschlossen, lebentragend, den Denkenden in sich bergend.
Sie sind aber alle auch weniger als der moderne Versuch der Vergegenwärtigung al-
ler Weisen des Umgreifenden. Denn sie stehen alle in einer Beschränkung. Es ist zwar
nicht ein Fortschritt im Gehalt der Wahrheit, wenn wir in unserem Zeitalter die Sou-
veränität über alle diese Weisen gewinnen. Die Weite bedeutet eher zunächst Verlust.
Aber das Denken der Formen aller Weisen in ihren Ursprüngen und Dimensionen und
Bedingungen bringt die Weite, ohne die uns ein je bestimmter Gehalt fragwürdig wird.
Trotzdem ist die Weise des Grundwissens als Form aller Weisen des Umgreifenden sel-
ber ein wesentlicher Gehalt. Denn es erweckt die Ursprünge, spannt gleichsam den
Raum aus, in dem alles, was uns als Gehalt erfüllt, seinen Ort und seine kritische Kon-
trolle durch Bewußtheit findet.
Das Grundwissen ist daher in seiner jeweiligen Gestalt zugleich eine Weise der
inneren Verfassung des es denkenden und in ihm lebenden Menschen.
Auch das Grundwissen der Weisen des Umgreifenden entspricht einer inneren Ver-
fassung. Aber einer solchen, die nur den Raum weitet, auf die Ursprünge weist und der
Ergänzung bedarf durch die Erfüllung dieses Raumes.
Die großen historischen Gestalten des Grundwissens sind selber schon die Erfül-
lung, die moderne Gestalt nicht.
11. Die Idee des allgemeinen Grundwissens
i. Die Idee. - Wir können einen verschiedenen Glauben haben, aber uns darin verste-
hen, daß wir glauben, so wie wir uns als Dasein behaupten, darin aber die Selbstbe-
hauptung des Anderen verstehen können.
Mit der Vergegenwärtigung der Weisen des Umgreifenden erhellen wir den uns
Menschen gemeinsamen Raum, in dem wir einander mitteilen, was wir meinen, wol-
len und was für uns ist.
Der Absicht nach liegt solche Selbstvergewisserung vor aller gehaltvollen ge-
schichtlich bestimmten Philosophie. Sie möchte das gemeinsam zu Erfassende, das
gemeinsam Mögliche.
Die Idee ist: wenn wir das Umgreifende als das uns Gemeinsame vergewissern, in
dem wir uns treffen, so können wir uns gegenseitig frei lassen in den Ursprüngen, aus
denen wir leben, den unübersehbar mannigfaltigen und getrennten.
Die Idee dieses Grundwissens ist, im ständig zu erweiternden Wissen aller ge-
schichtlich schon verwirklichten Möglichkeiten nicht notwendig eine neue Weise die-
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften