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Fussman, Gérard ; Hinüber, Oskar von ; Höllmann, Thomas O. ; Jettmar, Karl ; Bandini, Ditte ; Bemmann, Martin [Bearb.]
Die Felsbildstation Shatial — Materialien zur Archäologie der Nordgebiete Pakistans, Band 2: Mainz, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.36948#0074
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und wird. In der heutigen indischen Volkskunst kommt das Motiv in Fußboden- und Wandmalereien
(Abb. 81) vor, wo es ebenfalls magischen Zwecken dientr^' Darüber hinaus zeigen auch moderne Täto-
wierungen aus Kambodscha, die als Yantra bezeichnet werden, genau dieselbe Form (Abb. 82)7^


Abb. 79



Abb. 82

In der Mitte des Yantras aus Shatial ist zudem schwach, aber doch deutlich ein Zeichen zu erkennen, bei
dem es sich um ein weiteres akyam handeln könnte. Es stammt, wie der Patinavergleich zeigt, ziemlich
sicher aus derselben Zeit wie die Zeichnung, ist somit vermutlich älter als die vier übrigen %ky%r%s. Ist
dies der Fall, wäre es durchaus möglich, daß auch damals schon vier zusätzliche akyams in den Ecken des
Yantras eingeritzt waren, die in späterer Zeit von dem Urheber der nebenstehenden Brähmi-Inschrift
überschrieben wurden."^
Bis jetzt läßt sich allerdings nichts darüber sagen, wozu das ursprüngliche Yantra oder Ornament diente.
Wir wissen lediglich, daß dieses bestimmte Muster sich zu verschiedenen Zeiten in unterschiedlichen Re-
gionen findet."^ Zudem ist über den Ursprung der Yantras und über die Anfänge ihrer magischen Ver-
wendung wenig bekannt,^ so daß man daher auf Vermutungen angewiesen ist.
Fest scheint zu stehen, daß die nebenstehende Brähmi-Inschrift 36:13 aus der Zeit zwischen dem 4. und
dem 6. Jh. n. Chr. stammt und das Yantra vor ihr eingeritzt wurde.
Weitere Indizien für einen möglichen tantrischen Hintergrund der Zeichnung liefern die vier okyoras, die
nach der einen Lesevariante, von unten rechts im Uhrzeigersinn nach rechts oben gelesen, das Wort va
(für Vf?) Eokön ergeben. Läkinf^ aber ist der Name einer tantrischen Göttin, einer Däkinf^" bzw.
einer der sechs oder sieben weiblichen Schutzgottheiten der Cakras. Sie wird in zahlreichen Yoga- bzw.

286 Siehe z.B. VEQUAUD 1977: 42, 52; BROOKS/WAKANKAR 1976: 15.
287 Siehe BlZOT 1981: 168 und 184. Bizot bezeichnet dieses Yantra, in Übereinstimmung mit einem kambodschanischen Text,
als du globe de cristal de ia naissance" (1981: 168f.).
288 Vgl. hierzu BlZOT/von HINÜBER 1994: 18, wo das Konstruktionsschema des Yantras erklärt und es mit der Formel uamo
huüü/iäyß assoziiert wird, deren erste vier Silben in je einer Ecke und die letzte Silbe in der Mitte stehen.
289 Dasselbe Muster ist bemerkenswerterweise auch auf einem Kalkplättchen eingeritzt, das im koptischen Friedhof von Karä-
ra (Ägypten) gefunden wurde (RANKE 1926: 18, Abb. 1).
Für diesen Hinweis sei Frau Dr. C. Nauerth herzlich gedankt.
290 So auch Andre Padoux brieflich.
291 Zwar ließe sich hier der Einwand erheben, daß sowohl das ä als auch das I in der Inschrift mit kurzen Vokalen geschrie-
ben wurden, doch ist dies in jener Zeit und insbesondere in solchen Inschriften nichts Ungewöhnliches (so auch O. von
Hinüber mündlich). Man kann aus dieser 'falschen' Schreibweise also nicht unbedingt schließen, daß der Autor ein Anal-
phabet war, der dieses Wort aus dem Gedächtnis als Bild kopierte, zumal er ja vermutlich seinen eigenen Namen daneben
einritzte.
292 Zu den Däküus ganz allgemein HBRMANN-PFANDT 1992.
 
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