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Fussman, Gérard ; Hinüber, Oskar von ; Höllmann, Thomas O. ; Jettmar, Karl ; Bandini, Ditte ; Bemmann, Martin [Bearb.]
Die Felsbildstation Shatial — Materialien zur Archäologie der Nordgebiete Pakistans, Band 2: Mainz, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.36948#0106
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habe die vormalige Hauptstadt Udyanas gelegen? Aber vielleicht liegt hier ein Mißverständnis vor. Die
Lebensbeschreibung des großen Pilgers läßt die Interpretation zu, daß die Angaben, die den Text Faxians
bestätigen und ergänzen, in Swat erzählt worden shuÜ Hier wußte man vielleicht, daß eine der Dyna-
stien, die vorübergehend das Land beherrschten, aus dem Oberen Industal gekommen war, und dieses
Herkunftsgebiet identifizierte man mit Darei - dem einzigen Fixpunkt. Beeilen wir uns festzuhalten, daß
damit das Zeugnis Xuanzangs nicht wertlos ist: nur, auf persönlichen Erfahrungen beruht die Beschrei-
bung nicht. Eine von dieser Tradition unabhängige Erwähnung gibt es in Blrünis großem Werk über die
Mineralogie. Im Abschnitt über die Goldvorkommen nimmt der Indus einen breiten Raum ein. Die Na-
men seiner Abschnitte werden erwähnt, und da heißt es, daß er die Stelle passiert, die gegenüber der Po-
sition des "Idols von Shamil" liegt. Das sei ein "Bereich von Kaschmir" in der Richtung auf das Gebiet
von Bulül. Vermutlich hat der gleiche Gewährsmann Birüni vom Land Dardar erzählt, dessen Bewohner
Bakhtävarän heißen. Ich habe bereits versucht, die Ortsbezeichnungen zu erklären,^ sie könnten bedeu-
ten, daß die Statue vom Industal aus sichtbar war. Das wäre aber kaum ein geeigneter Platz für das Klo-
ster gewesen, neben dem die Statue stand. Möglicherweise sind Nachrichten von einer religiösen und po-
litischen Region, die eine Weile in den Verband des Reiches der Därada Sähis gehörte, hier speziell auf
das Seitental Darei und die vorgelagerte Uferzone des Indus bezogen worden.
Ich war zunächst nicht bereit, dem Bericht von einem missionierenden Kloster, verantwortlich für die Ex-
pansion des Buddhismus nach dem Osten, aber innerhalb der Gebirgszone, allzuviel Glauben zu schen-
ken - weil ich mich selbst in zwei Expeditionen (1955 und 1958) mehrere Wochen in Darei aufgehalten
habed Mir schien, unter dem Eindruck von Faxians Bericht sei Aurel Stein allzu bereit gewesen, dort se-
gensreiche Nachwirkungen des Buddhismus zu sehen - etwa im Schmuck der Häuser durch Schnitzarbei-
ten.^ Es ist richtig, daß im nahen Tangir, wo das Siedlungsbild durch Einzelgehöfte bestimmt wird, für
den Schmuck der Wohnhäuser nicht der gleiche Einsatz an Schnitzkunst nachweisbar ist, aber das läßt
sich durch den Wechsel der Situation, von der Dorfburg in eine Streulage, erklären. Man kann die Schnit-
zereien auch nicht als ein Nachklingen der Gandhära-Kunst auffassen. Die größere Konfliktbereitschaft
im Nachbartal Tangir läßt sich nicht durch das Fehlen buddhistischer Einflüsse von höchster Intensität
erklären, die sich in Darei angeblich erhalten haben. Dorfburgen hat es in den Seitentälern des Indus als
Effekt der Islamisierung gegeben, die Struktur ist nicht aus einer lange zurückliegenden Vergangenheit
übernommen worden.
Man kann dem Ergebnisbericht Aurel Steins über seinen Besuch in Darei nicht entnehmen, daß er aus
einer bestimmten Erwartung heraus von Chilas aus den Umweg einschlug, der ihn dann nach der Über-
schreitung mehrerer Pässe wieder zu der normalen Passage ins Tarimbecken, nördlich vom Hunzatal, zu-
rückführte - es war der Stolz, ein bisher nie von Europäern betretenes Gebiet (jetzt unter der Herrschaft
Pakhtun Wali Khans) kennenzulernen -, was übrigens auch für die englische Administration höchst inter-
essant war. Außerdem aber folgte Stein seinem Grundsatz, niemals den bereits bekannten Paß wieder zu
begehen. Buddhistische Spuren in den Hochgebirgen hat er erst später als wichtiges Thema erkannt.
Sicher aber handelte Giuseppe Tucci aus einer Erwartungshaltung heraus, als er den Wunsch äußerte, ein
kleines Team aus seiner Mannschaft nach Darei zu senden. Dies setzte meine Zustimmung voraus, die
ich gerne gab, weil meine Hoffnungen nicht gleich hoch gespannt waren. Zehn Tage dauerte das Unter-

2 BEAL 1911: 66.
3 VgL BELENICKIJ 1963: 221; cf. JETTMAR 1993: 112.
4 JETTMAR 1975: 12-14.
5 STEIN 1928: 13-35.
 
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