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Fussman, Gérard ; Hinüber, Oskar von ; Höllmann, Thomas O. ; Jettmar, Karl ; Bandini, Ditte ; Bemmann, Martin [Bearb.]
Die Felsbildstation Shatial — Materialien zur Archäologie der Nordgebiete Pakistans, Band 2: Mainz, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.36948#0123
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sehen Inschriften stehen, und erinnert in diesem Zusammenhang an die zweischriftige Nilakantha-Dhära-
nl.^ Bei einer Sichtung des iranischen Namenmaterials in den Brähmi-Inschriften fällt ihm zufolge "zu-
nächst auf, daß die Schwerpunkte an eben den Orten liegen, an denen auch sogdische Inschriften überlie-
fert sind."S9
Eine gute Erklärung für diese Beobachtungen liefert Sims-Williams. Er geht davon aus,^" daß iranische
Namen zunächst einmal auf Personen deuten, die oder deren Familien tatsächlich aus Iran oder Baktrien
gebürtig sind.^ Dementsprechend hält er es für durchaus natürlich anzunehmen, daß sich Perser oder
andere Fremde, die sich sogdischen Karawanen anschlossen, in deren Schrift verewigten. Umgekehrt
könnten sie auch in Brähmi geschrieben haben, "der bei ihren indischen Handelspartnern am weitesten
verbreiteten Schrift."^ Es läßt sich dementsprechend vermuten, daß Inder und/oder Einheimische^
zwar mit den Sogdiern Handel trieben, im wesentlichen aber ihren eigenen Lagerplatz im östlichen Teil
von Shatial hatten, in den sie nach der (täglichen?) Abwicklung der Geschäfte wieder zurückkehrten. Da-
für, daß die Gravuren im östlichen Teil nicht alle lediglich im Worübergehen' angefertigt wurden, spricht
zum einen die Tatsache, daß zwar eine große Anzahl von Ritzungen entlang des alten Weges, zahlreiche
weitere aber im Gelände unterhalb des Ruinenfelsens angebracht wurden. Darüber hinaus finden sich ge-
rade hier besonders feine, mit einem Meißel angefertigte Gravuren, deren Herstellung einige Zeit in An-
spruch genommen haben dürfte.^
Einer der wesentlichen Punkte der Argumentation, daß es sich bei Shatial mc/zt um einen Handelsknoten-
punkt gehandelt haben kann, bezieht sich auf die in den Brähmi-Inschriften genannten Namen. Fussman
zufolge war die Anzahl der Personen, die nachweislich kerne Händler waren, weit größer als die derjeni-
gen, die diesem Beruf nachgegangen sein könnten. In seiner Aufzählung führt er neben wenigen "religiö-
sen Spezialisten" vor allem die auf -Azrma und endenden Namen an, die Brahmanen und Ksatri-
yas bezeichnen, Personen also, die keinen oder nur ausnahmsweise Handel trieben.^ Diese Aussage gilt
es näher zu beleuchten. Bereits in der mehrere Jahrhunderte vor der Entstehungszeit der Felsbilder ver-
faßten Mrzmzjmrü wird sowohl für die Brahmanen als auch für die Ksatriyas ausdrücklich erklärt, daß bei-
de Kasten, falls sie aus wirtschaftlichen Gründen dazu gezwungen seien, Handel treiben dürften.'^ Tat-
sächlich erklärt beispielsweise A.L. Basham, daß nur wenige Brahmanen von religiösen Aktivitäten hätten
leben können und daher unter anderem Handel getrieben hätten.'^ Daß dies aber durchaus nicht die
Ausnahme gewesen ist, sondern offenbar allgemein praktiziert wurde, bestätigt unter vielen anderen Tex-
ten auch das wohl um das 4. Jh. n. Chr. entstandene Drama dessen Held ein verarmter
Brahmane uni/ Kaufmann ist.
Darüber hinaus sind hier die 16 Namen anzuführen, die auf enden und, wie O. von Hinüber

88 von HINÜBER 1994: 22; siehe auch ders. oben S. 59f.
89 von HINÜBER 1986: 154.
90 Anders FUSSMAN oben S. 75 u. 79.
91 Oben S. 71.
92 ebd.
93 Die Namen auf die in Shatial bezeugt sind und die auf Einheimische hinweisen, sind mit nur neun zu wenig
zahlreich, als daß allgemeine Schlüsse aus ihnen gezogen werden könnten. Bemerkenswert ist immerhin, daß sich sieben
von ihnen im westlichen Teil finden und daß FUSSMAN (1994: 45) in einigen der Verehrer auf Stein 34 einheimische
Darden vermutet und die beiden Kharosthi-Inschriften 34:123 und 124 mit ihnen in Verbindung bringt.
94 Vgl. Anm. 48.
95 So FUSSMAN oben S. 80 und ebd.: Anm. 41.
96 MafiM-STurU X, 85.
97 BASHAM 1981: 141.
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