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Alam Bridge im Gegensatz zu Shigar in Baltistan, soweit bekannt, keine einzige tibetische Inschrift und
kaum ein eindeutig tibetisches Felsbild findet. Selbst wenn die Region - frühestens etwa ab 700 n. Chr.
- auch nur unter ihrer Oberherrschaft gestanden hätte, wären Zeugnisse dieser Art wohl zu erwarten ge-
wesen.101 Nun könnte angenommen werden, daß sich die Herrschaft der Tibeter nicht so weit westlich
erstreckte. Zu dieser Vermutung paßt allerdings nicht, daß Al-Blrünl in diesem Zusammenhang ausdrück-
lich Chilas erwähnt. Außerdem erklärt er, daß die Bhattävaryän im Lande Dardar wohnen.102 Bis die
Identität der Bhattas eindeutig geklärt ist, wäre jedoch Jettmars und Danis Vermutung, daß es sich tat-
sächlich um eine Invasion von Turkvölkern103 gehandelt haben könnte, nicht auszuschließen und mögli-
cherweise mit den Darstellungen der Äxte und Sonnenscheiben in Einklang zu bringen.
Ebenso wie die Identität der Axt-Sonnenschildleute bleibt vorerst aber auch deren Religionszugehörigkeit
reine Spekulation.104 Sicher scheint nur zu sein, daß sie keine Buddhisten waren, da sie in anderen Sta-
tionen schön ausgeführte Stüpas überzeichneten. Auch ob die dritte Phase der Besiedlung des Kino Kot,
von der Hauptmann spricht, und/oder die in der Räjataranginl erwähnten Dardenkönige mit ihnen in Zu-
sammenhang zu bringen sind, bleibt ungeklärt, bis vielleicht eine systematische archäologische Erfor-
schung von Hodar nähere Informationen liefert.
In der auslaufenden Phase des Buddhismus oder in nachbuddhistischer Zeit sind sicher auch eine Reihe
der Gravuren entstanden, die wie schlechte und unverstandene Kopien von Stüpa-Ritzungen anmuten,
aber auch andere Bauwerke, vielleicht Zeugnisse einer neuen Religion darstellen könnten.105 Ob die
einzige Wagendarstellung (69:62) mit den Axt-Sonnenschild-Leuten oder überhaupt einer Einwanderer-
welle in Verbindung zu bringen ist, läßt sich nicht sagen. Da die Ritzung allerdings eine Brähmi-Inschrift
überlagert, kann sie jedenfalls nicht vor der Zeit der Inschriften entstanden sein.
Woher die Axt-Sonnenschild-Leute (bzw. der entsprechende kulturelle Einfluß) aber auch immer gekom-
men sein mögen und wann immer dies geschehen sein mag, scheint sich jedenfalls die Tradition bis in die
Neuzeit gehalten zu haben. Wie Dani es ausdrückt, leiteten sie eine geschichtliche Periode ein “that has
a great bearing on the understanding of the Shinä people who now dominate there”.106 Bis vor kurzem
stellten ähnlich geformte Äxte immer noch ein Statussymbol dar und waren unverzichtbar bei wichtigen
Zeremonien. Den ledernen Rundschild erwähnt Biddulph als wesentlichen Bestandteil der Ausrüstung ei-
nes Kriegers,107 und die alten Scheibenmotive lebten in den Schnitzereien von Holzmoscheen weiter (-
Abb. 66). Schließlich gehören zu den ‘spätesten’ Gravuren am Oberen Indus vornehmlich Axt- und Schei-
bendarstellungen.
Alles in allem manifestiert sich in den Felsbildern von Hodar sicher nicht nur, wie Jettmar annimmt, eine
“bäuerliche Gemeinschaft”,108 noch, wie Dani meint, ein vom Sivaismus geprägter109 “stronghold of
Brahmin followers”.110 Die Felsbilder von Hodar geben vielmehr ein lückenhaftes Bild des Wandels
wieder, dem eine Talschaft im Laufe der Zeit unterworfen war. Obgleich sicher ein Teil der entlang des
alten Pfades am Fuß der Talflanke angebrachten Ritzungen auf Durchreisende, die unterwegs hier Rast
101 Vgl. Jettmar 1993: 100.
102 Said 1989: 204.
103 Jettmar 1993: 102; vgl. Dani 1989a: 157.
104 Vgl. Jettmar 1993: 104.
105 Zu ihnen vgl. FUSSMAN oben S. 99; zu späten Bauwerken vgl. JETTMAR 1989: XXf.
106 DANI 1983: 231.
107 Biddulph 1880: 91; JErrMAR 1984: 187f.
108 Jettmar 1981: 182.
109 Er hält viele der Stüpas für sivaitische Tempel (Dani 1983: 204, 229f.); vgl. hierzu auch FUSSMAN oben S. 97, Anm. 3.
110 Dani 1983a: 34.
 
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