Metadaten

Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,1): Kommentar zu Nietzsches "Der Fall Wagner", "Götzen-Dämmerung" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2012

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.70913#0496
Lizenz: In Copyright

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Stellenkommentar GD Streifzüge, KSA 6, S. 128-129 477

que j'aie eu tant d'esprit! Qui est-ce qui le croira?" (Galiani 1882, 1, 12; von N.
mit Wellenlinie markiert. „Endlich, Madame, werde ich gedruckt: es lebe die
Freude! Aber als Mutter müssen Sie sich wohl gut vorstellen können, was das
Herz eines Vaters ist. Weshalb senden Sie mir nicht ein paar Blätter? Fürchten
Sie den Aufwand für die Post? Schüren Sie meine Ungeduld nicht weiter, ich
bitte Sie, senden Sie mir hierher an die Adresse von Herrn Reiny, Konsul Seiner
Sehr Christlichen Majestät, alles, was schon gedruckt sein wird. Ich werde
mich sehen, ich werde mich lesen, ich werde mich berauschen und ich werde
sagen: Ist es möglich, dass ich soviel Geist gehabt habe! Wer wird dies glauben
können?"). Das Motiv kehrt außer in NL 1887/88, KSA 13, 11[59], 29 (KGW IX 7,
W II 3, 172, 14-34) auch — dort auf George Eliot gemünzt — in NL 1887/88, KSA
13, 11[16], 13 (KGW IX 7, W II 3, 194, 22-26) wieder.
28
129, 12-22 Die „Unpersönlichen" kommen zu Wort. - „Nichts fällt uns leichter,
als weise, geduldig, überlegen zu sein. Wir triefen vom Oel der Nachsicht und
des Mitgefühls, wir sind auf eine absurde Weise gerecht, wir verzeihen Alles.
Eben darum sollten wir uns etwas strenger halten; eben darum sollten wir uns,
von Zeit zu Zeit, einen kleinen Affekt, ein kleines Laster von Affect züchten.
Es mag uns sauer angehn; und unter uns lachen wir vielleicht über den Aspekt,
den wir damit geben. Aber was hilft es! Wir haben keine andre Art mehr übrig
von Selbstüberwindung: dies ist unsre Asketik, unser Büsserthum"... Per-
sönlich werden — die Tugend des „Unpersönlichen"...] Vgl. NL 1887, KSA 12,
10[143], 536 f. (KGW IX 6, W II 2, 46, 31-42), wo die distanzierenden Anfüh-
rungszeichen sowie die einleitende titelartige Kontextcharakterisierung 129, 12
noch fehlen, weswegen der Passus eher den Charakter eines Selbstbekenntnis-
ses hat. Während in GD Streifzüge eines Unzeitgemässen 15, KSA 6, 121, 16-23
die Unpersönlichkeit als Macht- und Distanzierungsmittel eines psychologi-
schen Beobachters erscheint, werden die „Unpersönlichen" in 129, 12-22 als
typische decadents vor Augen geführt, die aus lauter Langeweile sich auch
noch einen kleinen Affekt anschaffen, über den sie doch eigentlich erhaben
sind. Das scheint die einzige Art der „Selbstüberwindung" zu sein, die diesen
Überlegenen noch zu Gebote steht. Zur Selbstüberwindung siehe auch NK KSA
6, 11, 10-13.
29
Der Abschnitt bringt in dialogische Katechismusform, was N. in NL 1887, KSA
12, 10[ll], 459 f. (korrigiert nach KGW IX 6, W II 2, 133-134, 38, im Folgenden
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften