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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0064
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Stellenkommentar AC 4, KSA 6, S. 170 41

dialektischen Hilfestellungen, müssten sonst doch die „Schlechten" als Ermög-
licher der „Höherwerthigeren" angesehen werden, womit die Existenz dieser
„Schlechten" gerechtfertigt wäre. Diese Beobachtung macht augenfällig, dass
AC kein Begriffssystem mit logisch durchstrukturierten Begriffsbeziehungen
enthält. Die durch die Komparative scheinbar suspendierte Polarität von „gut"
und „schlecht" kehrt gleich im Vorwurf wieder, bisher sei „der umgekehrte
Typus gewollt, gezüchtet, erreicht" (170, 27 f.) worden. Die Passivkonstruk-
tion ist symptomatisch: Es fehlt ein Adressat, an den der Vorwurf der Fehlzüch-
tung gerichtet ist; kein „man" ist hier ansprechbar.
170, 28 f. das Hausthier, das Heerdenthier, das kranke Thier Mensch, — der
Christ...] Noch sind es nicht die böswilligen „Priester" mit ihrem zur Ohnmacht
verurteilten Machtwillen, die in der Herdentierzüchtung ihre Chance wittern,
doch noch zur Macht zu kommen, sondern die Furcht vor Auslöschung durch
die „Höherwerthigeren", welche die „Hausthiere" zur Aufzucht einer massen-
haften Parteigängerschaft nötigt. Nur als Kollektiv fühlen sie sich stark. Dass
sie gemeinsam stark sind, geht ebenfalls aus einer Vorarbeit zu AC 3 hervor:
Der „stärkere Typus [...] hatte immer die große Zahl" gegen sich (NL 1888,
KSA 13, 15[120], 481, 24-27).
170, 28 Heerdenthier] Vgl. NK KSA 6, 139, 15 f.

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In AC 4 weichen die „Wir" einem entpersonalisierten Wissenschaftsjargon, der
scheinbar Unhintergehbares apodiktisch verkündet. In seiner Kritik am Fort-
schrittsbegriff in GM II 12, KSA 5, 315, 14-18 hatte N. noch anders akzentuiert
als in AC 4: „Grösse eines ,Fortschritts' bemisst sich sogar nach der Masse
dessen, was ihm Alles geopfert werden musste; die Menschheit als Masse dem
Gedeihen einer einzelnen stärkeren Species Mensch geopfert — das wäre
ein Fortschritt..." Damit wird — in der Fortsetzung von Ansätzen aus N.s
Frühwerk, wonach „zum Wesen einer Kultur das Sklaventhum
gehöre" (CV 3, KSA 1, 767, 26 f.) — die Masse instrumentalisiert für das Ent-
stehen einiger weniger Individuen. Das schließt auch an eine Überlegung von
Rolph 1884, 121 an: „Immer noch aber opfert die Natur dem Fortschritt überall
die Masse auf, und darum müssen wir uns ernstlich fragen, ob nicht jene
Verhältnisse der Ungleichheit, welche unsere idealistischen Philosophen und
Volksbeglücker radical ausrotten möchten, eben nöthig sind, und Bedingung
des Fortschritts zum Besseren." (Kursiviertes von N. unterstrichen; mehrere
Randmarkierungen.) Die Möglichkeit der Herausbildung höherer Typen unter
 
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