70 Der Antichrist. Fluch auf das Christenthum
neuer Zeit, von dem empirischen Wissen unbefriedigt, zu einer Metaphysik
fortgegangen sind, so erklärt sich dieser Schritt nur aus dem mehr oder weni-
ger deutlichen Bewusstsein, daß alles empirische Forschen und Wissen zuletzt
nur auf eine grosse, in der Natur unseres Erkenntnisvermögens begründete
Täuschung hinauslaufe, über welche uns die Augen zu öffnen die Aufgabe
der Metaphysik ist. / Dreimal, so viel wir wissen, ist diese Erkenntnis in der
Menschheit zum ursprünglichen Durchbruche gelangt [...]: das eine Mal bei
den Indern, von denen wir reden wollen, das andere Mal in der griechischen
Philosophie durch Parmenides, das dritte Mal in der neuern Philosophie durch
Kant." (Deussen 1883, 48 f.).
176, 29 zwei bösartigsten Irrthümer] Korrigiert im Druckmanuskript aus: „bei-
den nichtswürdigsten Lehren". In W II 7, 15 stand: „zwei nichtswürdigsten
Lügen" (KSA 14, 438).
176, 30 Dank einer verschmitzt-klugen Skepsis] Zu N.s Begriff der Skepsis und
N.s eigener Inanspruchnahme skeptischer Überlegungen in Abgrenzung von
einer glaubensaffinen Skepsis vgl. Sommer 2006b, ferner Berry 2011.
176, 30 verschmitzt-klugen] Korrigiert im Druckmanuskript aus: „hinterlisti-
gen" (KSA 14, 438).
176, 32-177, 3 Man hatte aus der Realität eine „Scheinbarkeit" gemacht; man
hatte eine vollkommen erlogne Welt, die des Seienden, zur Realität gemacht...]
Vgl. GD Wie die „wahre Welt" endlich zur Fabel wurde, KSA 6, 80 f.
177, 3 Der Erfolg Kant's ist bloss ein Theologen-Erfolg] Das ist eine Auffassung,
die N. mit Roberty teilt. Dieser zitiert eine einschlägige Kritik, die N. mit einem
„NB" und Strichen markiert: „Le veritable but de Kant etait d'eriger sur les
ruines du materialisme la partie la plus importante de la philosophie — la
philosophie morale ou pratique. Selon la juste remarque d'un critique recent
(Revue philos., t. XVII, p. 558), ,1a morale de Kant est toujours theologique et
autoritaire. [...] Kant est le dernier des Peres de l'Eglise.'" (Roberty 1887, 337.
„Das eigentliche Ziel Kants war es, auf den Ruinen des Materialismus den
wichtigsten Teil der Philosophie zu errichten — nämlich die moralische oder
praktische Philosophie. Laut der richtigen Bemerkung eines Kritikers (Revue
philosophique, Bd. 17, S. 558), ,ist die Moral Kants immer theologisch und auto-
ritär. [...] Kant ist der letzte der Kirchenväter."') In Heines Geschichte der Reli-
gion und Philosophie in Deutschland ist die von Kant initiierte „philosophi-
sche[.] Revolution" nichts weiter als „die letzte Konsequenz des Pro-
testantismus" (1861a, 107).
177, 3-5 Kant war, gleich Luther, gleich Leibnitz, ein Hemmschuh mehr in der
an sich nicht taktfesten deutschen Rechtschaffenheit] Im Druckmanuskript kor-
neuer Zeit, von dem empirischen Wissen unbefriedigt, zu einer Metaphysik
fortgegangen sind, so erklärt sich dieser Schritt nur aus dem mehr oder weni-
ger deutlichen Bewusstsein, daß alles empirische Forschen und Wissen zuletzt
nur auf eine grosse, in der Natur unseres Erkenntnisvermögens begründete
Täuschung hinauslaufe, über welche uns die Augen zu öffnen die Aufgabe
der Metaphysik ist. / Dreimal, so viel wir wissen, ist diese Erkenntnis in der
Menschheit zum ursprünglichen Durchbruche gelangt [...]: das eine Mal bei
den Indern, von denen wir reden wollen, das andere Mal in der griechischen
Philosophie durch Parmenides, das dritte Mal in der neuern Philosophie durch
Kant." (Deussen 1883, 48 f.).
176, 29 zwei bösartigsten Irrthümer] Korrigiert im Druckmanuskript aus: „bei-
den nichtswürdigsten Lehren". In W II 7, 15 stand: „zwei nichtswürdigsten
Lügen" (KSA 14, 438).
176, 30 Dank einer verschmitzt-klugen Skepsis] Zu N.s Begriff der Skepsis und
N.s eigener Inanspruchnahme skeptischer Überlegungen in Abgrenzung von
einer glaubensaffinen Skepsis vgl. Sommer 2006b, ferner Berry 2011.
176, 30 verschmitzt-klugen] Korrigiert im Druckmanuskript aus: „hinterlisti-
gen" (KSA 14, 438).
176, 32-177, 3 Man hatte aus der Realität eine „Scheinbarkeit" gemacht; man
hatte eine vollkommen erlogne Welt, die des Seienden, zur Realität gemacht...]
Vgl. GD Wie die „wahre Welt" endlich zur Fabel wurde, KSA 6, 80 f.
177, 3 Der Erfolg Kant's ist bloss ein Theologen-Erfolg] Das ist eine Auffassung,
die N. mit Roberty teilt. Dieser zitiert eine einschlägige Kritik, die N. mit einem
„NB" und Strichen markiert: „Le veritable but de Kant etait d'eriger sur les
ruines du materialisme la partie la plus importante de la philosophie — la
philosophie morale ou pratique. Selon la juste remarque d'un critique recent
(Revue philos., t. XVII, p. 558), ,1a morale de Kant est toujours theologique et
autoritaire. [...] Kant est le dernier des Peres de l'Eglise.'" (Roberty 1887, 337.
„Das eigentliche Ziel Kants war es, auf den Ruinen des Materialismus den
wichtigsten Teil der Philosophie zu errichten — nämlich die moralische oder
praktische Philosophie. Laut der richtigen Bemerkung eines Kritikers (Revue
philosophique, Bd. 17, S. 558), ,ist die Moral Kants immer theologisch und auto-
ritär. [...] Kant ist der letzte der Kirchenväter."') In Heines Geschichte der Reli-
gion und Philosophie in Deutschland ist die von Kant initiierte „philosophi-
sche[.] Revolution" nichts weiter als „die letzte Konsequenz des Pro-
testantismus" (1861a, 107).
177, 3-5 Kant war, gleich Luther, gleich Leibnitz, ein Hemmschuh mehr in der
an sich nicht taktfesten deutschen Rechtschaffenheit] Im Druckmanuskript kor-