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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0111
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88 Der Antichrist. Fluch auf das Christenthum

erhalten'". Dabei handelt es sich um eine Übersetzung aus Foucher 1873, der
wiederum aus der Morale du Tirouvallouver (Lamairesse 1867) zitiert, einem
hinduistischen Text, und nicht einem chinesischen, wie N. eingangs von 11[64]
suggeriert: „Si ä l'instar de la tortue, qui rentre ces cinq membres dans sa
coquille — tu rentres en toi-meme tes cinq sens, cela te vaudra la sublimite
meme apres ta mort — car tu obtiendras la beatitude celeste." (Foucher 1873,
185. „Wenn du anstelle der Schildkröte, die ihre fünf Glieder in ihre Schale
zurückzieht — deine fünf Sinne in dich zurückziehst, wird dies dir Erhabenheit
sogar nach deinem Tod sichern — denn du wirst die himmlische Glückseligkeit
erfahren.").
181, 1 besser] In Mp XVI 4: „anders" (KSA 14, 440).
181, 1-6 das Bewusstwerden, der „Geist", gilt uns gerade als Symptom einer
relativen Unvollkommenheit des Organismus, als ein Versuchen, Tasten, Fehlgrei-
fen, als eine Mühsal, bei der unnöthig viel Nervenkraft verbraucht wird, — wir
leugnen, dass irgend Etwas vollkommen gemacht werden kann, so lange es noch
bewusst gemacht wird) Unter dem Titel „Philosophie als decadence" (wohl
angeregt von Brochard 1887) bespricht N. in NL 1888, KSA 13, 14[111], 288, 18 f.
(KGW IX 8, W II 5, 106, 20) die „Auflösung der griechischen In-
stinkte" bei Sokrates und seiner Dialektik, die die logische Rechtfertigung
der Moral gefordert habe. Dagegen setzt N. das Unbewusstsein als Vollkom-
menheit: „In der That gehört dieses Unbewußtsein zu jeder Art Vollkommen-
heit: selbst noch der Mathematiker handhabt seine Combinationen unbe-
wußt..." (288, 9-11 = KGW IX 8, W II 5, 106, 8-10). Hier übernimmt N. einen
Gedanken aus Alexandre Herzens Le cerveau et l'activite cerebrale (1887, 266 f.,
vgl. Wahrig-Schmidt 1988, 459). Herzen wählt gleichfalls den Mathematiker
als Beispiel und folgert: „en effet, le processus mental conscient trahit une
imperfection de l'organisation cerebrale" (Herzen 1887, 267 — „in der Tat verrät
der bewusste mentale Prozess eine Unvollkommenheit der Gehirnorganisation").
Vgl. NK KSA 6, 72, 18-20.
Auch andere Lektüren sekundieren den Gedankengang: „Jeder Organismus
producirt nur eine gewisse Menge Nervenkraft. Soweit diese nun zur geistigen
Arbeit verbraucht wird, so weit wird sie den körperlichen Leistungen und der
Ausbildung körperlicher Gesundheit entzogen. Je mehr aber dies der Fall ist,
desto mehr schwindet die Energie des Wollens und das Streben nach dem
natürlichen, die Arterhaltung fördernden Leben, nach dem Guten. So wirkt
also in gewisser Weise die erhöhte Geistesthätigkeit dem Streben nach dem
Guten entgegen, und es würde auch in der That das Menschengeschlecht mit
der Entwickelung des Culturlebens verkommen und schlechter werden,
wenn — das Prinzip der Selection nicht vorhanden wäre und keine Anpassung
 
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