Stellenkommentar AC 15, KSA 6, S. 181 91
chen" handelt es sich hier um typisch christliche Begriffe. Dennoch haftet der
Aufzählung eine gewisse Beliebigkeit an, besteht doch nach landläufiger
christlicher Vorstellung die „Gnade" gerade in der „Erlösung", der die „Verge-
bung der Sünde" vorausgehen muss oder die selber mit dieser „Vergebung"
identisch ist. Diese drei Schlagworte haben jedenfalls einen Teil ihres semanti-
schen Feldes gemeinsam. Das Herbeizitierte gehört zu den Dingen, die von
einer der „imaginären Ursachen", nämlich nach christlicher Auffassung von
„Gott" bewirkt werden. Eine Ausnahme macht nur die „Sünde", der man die
„Seele", das „Ich" oder den „freien" (bzw. unfrei gewordenen) „Willen" als
Ursache zuordnen kann.
181, 16 f. Ein Verkehr zwischen imaginären Wesen („Gott" „Geister" „Seelen")]
Guyau 1887, 71 hält die „dependance imaginaire" von einem Übersinnlichen
für ein Charakteristikum von Religion. „L'homme s'est place, par l'imagination,
en societe avec des etres bienfaisants ou malfaisants, d'abord visibles et tan-
gibles, puis de plus en plus invisibles et separes des objets qu'ils hantent voilä,
avons-nous dit, le debut de la religion." (Ebd., 82. „Der Mensch hat sich mit
der Vorstellungskraft in die Gesellschaft mit Wesen begeben, die Gutes oder
Schlechtes tun, zuerst sicht- und berührbar, dann zunehmend unsichtbar und
getrennt von den Dingen, die sie verfolgen, so, sagten wir, war der Anfang der
Religion.").
181, 19 eine imaginäre Psychologie] Auch Feuerbach 1843, 130 f. verwendet
den Begriff: „unsre Aufgabe ist es ja eben, zu zeigen, daß die Theologie nichts
ist als eine sich selbst verborgene, als die esoterische /131/ Patho-, Anthropo-
und Psychologie, und daß daher die wirkliche Anthropologie, die wirkliche
Pathologie, die wirkliche Psychologie weit mehr Anspruch auf den Namen:
Theologie haben, als die Theologie selbst, weil diese doch nichts weiter ist,
als eine imaginäre Psychologie und Anthropologie. Aber es soll der Inhalt
dieser Lehre oder Anschauung — und darum ist sie eben Mystik und Phantas-
tik — nicht Pathologie, sondern Theologie, Theologie im alten oder gewöhnli-
chen Sinne des Wortes sein; es soll hier das Leben eines andern von uns unter-
schiednen Wesens aufgeschlossen werden, und es wird doch nur unser eignes
Wesen aufgeschlossen, aber zugleich wieder verschlossen, weil es das Wesen
eines andern Wesens sein soll."
181, 20-22 Interpretationen angenehmer oder unangenehmer Allgemeingefühle,
zum Beispiel der Zustände des nervus sympathicus] Vgl. NK KSA 6, 92, 16-21.
Hier werden wie in GD Die vier grossen Irrthümer 4 Lektürenotizen von Richet
1884 aus NL 1884, KSA 11, 26[92], 174 und NL 1885, KSA 11, 38[1], 596 auf die
strategischen Bedürfnisse des neuen Kontextes hin justiert. Das zeitgenössi-
sche Wissen zum Sympathikus als Teil des vegetativen Nervensystems resü-
chen" handelt es sich hier um typisch christliche Begriffe. Dennoch haftet der
Aufzählung eine gewisse Beliebigkeit an, besteht doch nach landläufiger
christlicher Vorstellung die „Gnade" gerade in der „Erlösung", der die „Verge-
bung der Sünde" vorausgehen muss oder die selber mit dieser „Vergebung"
identisch ist. Diese drei Schlagworte haben jedenfalls einen Teil ihres semanti-
schen Feldes gemeinsam. Das Herbeizitierte gehört zu den Dingen, die von
einer der „imaginären Ursachen", nämlich nach christlicher Auffassung von
„Gott" bewirkt werden. Eine Ausnahme macht nur die „Sünde", der man die
„Seele", das „Ich" oder den „freien" (bzw. unfrei gewordenen) „Willen" als
Ursache zuordnen kann.
181, 16 f. Ein Verkehr zwischen imaginären Wesen („Gott" „Geister" „Seelen")]
Guyau 1887, 71 hält die „dependance imaginaire" von einem Übersinnlichen
für ein Charakteristikum von Religion. „L'homme s'est place, par l'imagination,
en societe avec des etres bienfaisants ou malfaisants, d'abord visibles et tan-
gibles, puis de plus en plus invisibles et separes des objets qu'ils hantent voilä,
avons-nous dit, le debut de la religion." (Ebd., 82. „Der Mensch hat sich mit
der Vorstellungskraft in die Gesellschaft mit Wesen begeben, die Gutes oder
Schlechtes tun, zuerst sicht- und berührbar, dann zunehmend unsichtbar und
getrennt von den Dingen, die sie verfolgen, so, sagten wir, war der Anfang der
Religion.").
181, 19 eine imaginäre Psychologie] Auch Feuerbach 1843, 130 f. verwendet
den Begriff: „unsre Aufgabe ist es ja eben, zu zeigen, daß die Theologie nichts
ist als eine sich selbst verborgene, als die esoterische /131/ Patho-, Anthropo-
und Psychologie, und daß daher die wirkliche Anthropologie, die wirkliche
Pathologie, die wirkliche Psychologie weit mehr Anspruch auf den Namen:
Theologie haben, als die Theologie selbst, weil diese doch nichts weiter ist,
als eine imaginäre Psychologie und Anthropologie. Aber es soll der Inhalt
dieser Lehre oder Anschauung — und darum ist sie eben Mystik und Phantas-
tik — nicht Pathologie, sondern Theologie, Theologie im alten oder gewöhnli-
chen Sinne des Wortes sein; es soll hier das Leben eines andern von uns unter-
schiednen Wesens aufgeschlossen werden, und es wird doch nur unser eignes
Wesen aufgeschlossen, aber zugleich wieder verschlossen, weil es das Wesen
eines andern Wesens sein soll."
181, 20-22 Interpretationen angenehmer oder unangenehmer Allgemeingefühle,
zum Beispiel der Zustände des nervus sympathicus] Vgl. NK KSA 6, 92, 16-21.
Hier werden wie in GD Die vier grossen Irrthümer 4 Lektürenotizen von Richet
1884 aus NL 1884, KSA 11, 26[92], 174 und NL 1885, KSA 11, 38[1], 596 auf die
strategischen Bedürfnisse des neuen Kontextes hin justiert. Das zeitgenössi-
sche Wissen zum Sympathikus als Teil des vegetativen Nervensystems resü-