Stellenkommentar AC 60, KSA 6, S. 249-250 297
noch „germanisch"; dies belegt die für N. offenbar nahtlose Genealogie von
„Germanen" zu „Deutschen".
249, 28 die „Schweizer" der Kirche] Die Schweizer sind historisch das klassi-
sche Söldner-Volk, das bekanntlich noch heute die päpstliche Leibgarde stellt.
250, If. Der deutsche Adel fehlt beinahe in der Geschichte der höheren Cultur]
Man wird fragen müssen, was dieser „deutsche Adel" denn dort überhaupt
verloren haben sollte, falls gemäß AC 57, KSA 6, 242-244 sowie (Pseudo-)Manu
die Philosophen-Priester für „Cultur" und die Mittelmäßigen für Wissenschaft
und Kunst(handwerk) zuständig sind. Kein Adel der Welt, der sich um Fragen
der Macht zu kümmern hat, ist in erster Linie kulturschöpferisch tätig. Das
war im deutschen Mittelalter nicht anders als sonstwo.
Der hier verwendete Kulturbegriff erhebt offenbar sowohl Anspruch auf
Normativität als auch auf Objektivität. Es scheint so, als ob Kultur eine festum-
rissene, wissenschaftlich bestimmbare Größe sei, von der es abgestufte —
„höhere" und „niedrigere" Versionen gibt. Obwohl in AC nirgends eingeführt
oder gar definiert, ist „Cultur" in der Diskussion des Konfliktes zwischen isla-
mischem Orient und christlichem Okzident das entscheidende Bewertungskri-
terium. Der Islam, insbesondere die maurische Zivilisation, wird ebenso wie
im vorangegangenen Paragraphen das Imperium Romanum mit Kultur assozi-
iert. Bei den Römern benannte N. mit Wissenschaft und Staatswesen immerhin
noch zwei Elemente, die als Bestandteile der normativ gefassten, „höheren
Cultur" gelten konnten. Bei den Mauren begegnen dann nur noch die „seltnen
und raffinirten Kostbarkeiten" des Lebens; die arabische Wissenschaft ist
offenbar nicht der Rede wert. Das Schema ist schlicht: Christentum ist Unkul-
tur, also muss alles andere Kultur sein. Einen Begriff von „Cultur" hat man
aus diesem Zirkelschluss noch nicht gewonnen. Schon in seinem Frühwerk,
namentlich in GT, hatte N. einen inflationären Gebrauch von „Cultur" gemacht
und es unterlassen, ihn konkret zu füllen.
250, 3 f. Christenthum, Alkohol — die beiden grossen Mittel der Corruption...]
Vgl. NK KSA 6, 104, 12-15. Nach Richet — N.s Gewährsmann zu den Wirkungen
des Alkohols — lähmt dessen Konsum die Willenskraft (z. B. Richet 1884, 100).
250, 4-11 An sich sollte es ja keine Wahl geben, Angesichts von Islam und Chris-
tenthum, so wenig als Angesichts eines Arabers und eines Juden. Die Entschei-
dung ist gegeben, es steht Niemandem frei, hier noch zu wählen. Entweder ist
man ein Tschandala oder man ist es nicht... „Krieg mit Rom auf's Messer!
Friede, Freundschaft mit dem Islam": so empfand, so that jener grosse Frei-
geist, das Genie unter den deutschen Kaisern, Friedrich der Zweite.] In W II 8,
91 lautet der Passus: „Im Grunde wäre es ja eine Sünde wider den Geist, auch
noch „germanisch"; dies belegt die für N. offenbar nahtlose Genealogie von
„Germanen" zu „Deutschen".
249, 28 die „Schweizer" der Kirche] Die Schweizer sind historisch das klassi-
sche Söldner-Volk, das bekanntlich noch heute die päpstliche Leibgarde stellt.
250, If. Der deutsche Adel fehlt beinahe in der Geschichte der höheren Cultur]
Man wird fragen müssen, was dieser „deutsche Adel" denn dort überhaupt
verloren haben sollte, falls gemäß AC 57, KSA 6, 242-244 sowie (Pseudo-)Manu
die Philosophen-Priester für „Cultur" und die Mittelmäßigen für Wissenschaft
und Kunst(handwerk) zuständig sind. Kein Adel der Welt, der sich um Fragen
der Macht zu kümmern hat, ist in erster Linie kulturschöpferisch tätig. Das
war im deutschen Mittelalter nicht anders als sonstwo.
Der hier verwendete Kulturbegriff erhebt offenbar sowohl Anspruch auf
Normativität als auch auf Objektivität. Es scheint so, als ob Kultur eine festum-
rissene, wissenschaftlich bestimmbare Größe sei, von der es abgestufte —
„höhere" und „niedrigere" Versionen gibt. Obwohl in AC nirgends eingeführt
oder gar definiert, ist „Cultur" in der Diskussion des Konfliktes zwischen isla-
mischem Orient und christlichem Okzident das entscheidende Bewertungskri-
terium. Der Islam, insbesondere die maurische Zivilisation, wird ebenso wie
im vorangegangenen Paragraphen das Imperium Romanum mit Kultur assozi-
iert. Bei den Römern benannte N. mit Wissenschaft und Staatswesen immerhin
noch zwei Elemente, die als Bestandteile der normativ gefassten, „höheren
Cultur" gelten konnten. Bei den Mauren begegnen dann nur noch die „seltnen
und raffinirten Kostbarkeiten" des Lebens; die arabische Wissenschaft ist
offenbar nicht der Rede wert. Das Schema ist schlicht: Christentum ist Unkul-
tur, also muss alles andere Kultur sein. Einen Begriff von „Cultur" hat man
aus diesem Zirkelschluss noch nicht gewonnen. Schon in seinem Frühwerk,
namentlich in GT, hatte N. einen inflationären Gebrauch von „Cultur" gemacht
und es unterlassen, ihn konkret zu füllen.
250, 3 f. Christenthum, Alkohol — die beiden grossen Mittel der Corruption...]
Vgl. NK KSA 6, 104, 12-15. Nach Richet — N.s Gewährsmann zu den Wirkungen
des Alkohols — lähmt dessen Konsum die Willenskraft (z. B. Richet 1884, 100).
250, 4-11 An sich sollte es ja keine Wahl geben, Angesichts von Islam und Chris-
tenthum, so wenig als Angesichts eines Arabers und eines Juden. Die Entschei-
dung ist gegeben, es steht Niemandem frei, hier noch zu wählen. Entweder ist
man ein Tschandala oder man ist es nicht... „Krieg mit Rom auf's Messer!
Friede, Freundschaft mit dem Islam": so empfand, so that jener grosse Frei-
geist, das Genie unter den deutschen Kaisern, Friedrich der Zweite.] In W II 8,
91 lautet der Passus: „Im Grunde wäre es ja eine Sünde wider den Geist, auch