320 Der Antichrist. Fluch auf das Christenthum
vollem Gegensatz zur paulinischen Lehre von der Aufhebung des Gesetzes. Im
neuen Aeon, der durch Christi Heilstat oder Opfertod inauguriert wurde, stehen
die Christusgläubigen „nicht unter dem Gesetz, sondern der Gnade" (Römer 6,
15); sind „getötet dem Gesetz durch den Leib Christi" (Römer 7, 4). In GWC wird
wieder mit einem neuen Gesetzeszwang geliebäugelt — aber erst, nachdem AC
selbst in den Passagen gegen Paulus gezeigt hatte, dass dieser keineswegs die
Aufhebung des Gesetzes, sondern vielmehr eine gesetzesförmige Abrichtung
der Menschen gebracht habe. GWC will jene Moral und jenes Gesetz aufheben,
die mit dem paulinischen Christentum in die Welt gekommen sind. Es tendiert
aber, mindestens für die „Wenigsten", auch dazu, sich selbst aufzuheben, weil
die neue Moral, soweit sie eine freigeistige, antinomistische ist, kein Gesetz
mehr verbindlich erlassen kann, — weil jeder für sich selbst umwerten muss.
254, 3 der falschen Zeitrechnung] Auf dem Manuskriptblatt korrigiert aus: „der
alten Zeitrechnung" (Podach 1961, 157).
254, 4 f. Todkrieg gegen das Laster: das Laster ist das Christen-
thum] In GD Moral als Widernatur 3 verlautbart N. demgegenüber, am Fortbe-
stehen der Kirche interessiert zu sein, vgl. NK KSA 6, 84, 7-9.
Erster Satz
254, 7 f. Gegen den Priester hat man nicht Gründe, man hat das Zuchthaus.]
Die Warnung von AC 53, KSA 6, 235, 15 f., man solle das Christentum ja nicht
durch gewaltsame Verfolgung aufwerten, ist damit vergessen.
Zweiter Satz
254, 9 f. Jede Theilnahme an einem Gottesdienste ist ein Attentat auf die öffent-
liche Sittlichkeit.] GWC wird offenkundig erlassen für eine noch imaginäre anti-
christliche Gesellschaft, in der schon eine ganz andere Sittlichkeit herrscht,
aber die offensichtlich noch so schwach ist, dass sie der rigiden Gebote bedarf.
254, ll f. härter gegen liberale Protestanten als gegen strenggläubige] Zur Ent-
leerung des Christentums in einen symbolischen Glauben („foi symbolique",
„symbolisme") und zu seiner Transformation in einen moralischen Symbolis-
mus im liberalen Protestantismus siehe Guyau 1887, 133-136. Gerade in diesem
wissenschaftsaffinen Moralismus will N. das besonders Verwerfliche des libe-
ralen Protestantismus entdeckt haben. Zur Kritik am liberalen Protestantismus
vollem Gegensatz zur paulinischen Lehre von der Aufhebung des Gesetzes. Im
neuen Aeon, der durch Christi Heilstat oder Opfertod inauguriert wurde, stehen
die Christusgläubigen „nicht unter dem Gesetz, sondern der Gnade" (Römer 6,
15); sind „getötet dem Gesetz durch den Leib Christi" (Römer 7, 4). In GWC wird
wieder mit einem neuen Gesetzeszwang geliebäugelt — aber erst, nachdem AC
selbst in den Passagen gegen Paulus gezeigt hatte, dass dieser keineswegs die
Aufhebung des Gesetzes, sondern vielmehr eine gesetzesförmige Abrichtung
der Menschen gebracht habe. GWC will jene Moral und jenes Gesetz aufheben,
die mit dem paulinischen Christentum in die Welt gekommen sind. Es tendiert
aber, mindestens für die „Wenigsten", auch dazu, sich selbst aufzuheben, weil
die neue Moral, soweit sie eine freigeistige, antinomistische ist, kein Gesetz
mehr verbindlich erlassen kann, — weil jeder für sich selbst umwerten muss.
254, 3 der falschen Zeitrechnung] Auf dem Manuskriptblatt korrigiert aus: „der
alten Zeitrechnung" (Podach 1961, 157).
254, 4 f. Todkrieg gegen das Laster: das Laster ist das Christen-
thum] In GD Moral als Widernatur 3 verlautbart N. demgegenüber, am Fortbe-
stehen der Kirche interessiert zu sein, vgl. NK KSA 6, 84, 7-9.
Erster Satz
254, 7 f. Gegen den Priester hat man nicht Gründe, man hat das Zuchthaus.]
Die Warnung von AC 53, KSA 6, 235, 15 f., man solle das Christentum ja nicht
durch gewaltsame Verfolgung aufwerten, ist damit vergessen.
Zweiter Satz
254, 9 f. Jede Theilnahme an einem Gottesdienste ist ein Attentat auf die öffent-
liche Sittlichkeit.] GWC wird offenkundig erlassen für eine noch imaginäre anti-
christliche Gesellschaft, in der schon eine ganz andere Sittlichkeit herrscht,
aber die offensichtlich noch so schwach ist, dass sie der rigiden Gebote bedarf.
254, ll f. härter gegen liberale Protestanten als gegen strenggläubige] Zur Ent-
leerung des Christentums in einen symbolischen Glauben („foi symbolique",
„symbolisme") und zu seiner Transformation in einen moralischen Symbolis-
mus im liberalen Protestantismus siehe Guyau 1887, 133-136. Gerade in diesem
wissenschaftsaffinen Moralismus will N. das besonders Verwerfliche des libe-
ralen Protestantismus entdeckt haben. Zur Kritik am liberalen Protestantismus