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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0395
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372 Ecce homo. Wie man wird, was man ist

Napoleon mit seinem Generalstab in Eilenburg einzog, am 10. Oktober, hatte
sie ihre Niederkunft. Sie war, als Sächsin, eine grosse Verehrerin Napoleon's;
es könnte sein, dass ich's auch noch bin. Mein Vater, 1813 geboren, starb 1849.
Er lebte, bevor er das Pfarramt der Gemeinde Röcken unweit Lützen übernahm,
einige Jahre auf dem Altenburger Schlosse und unterrichtete die vier Prinzess-
innen daselbst. Seine Schülerinnen sind die Königin von Hannover, die Gross-
fürstin Constantin, die Grossherzogin von Oldenburg und die Prinzess Therese
von Sachsen-Altenburg. Er war voll tiefer Pietät gegen den preussischen König
Friedrich Wilhelm den Vierten, von dem er auch sein Pfarramt erhielt; die
Ereignisse von 1848 betrübten ihn über die Maassen. Ich selber, am Geburts-
tage des genannten Königs geboren, am 15. Oktober, erhielt, wie billig, die
Hohenzollernnamen Friedrich Wilhelm. Einen Vortheil hatte jedenfalls die
Wahl dieses Tages: mein Geburtstag war meine ganze Kindheit hindurch ein
Festtag. — Ich betrachte es als ein grosses Vorrecht, einen solchen Vater gehabt
zu haben: es scheint mir sogar, dass sich damit Alles erklärt, was ich sonst an
Vorrechten habe, — das Leben, das grosse Ja zum Leben nicht eingerechnet.
Vor Allem, dass es für mich keiner Absicht dazu bedarf, sondern eines blossen
Abwartens, um unfreiwillig in eine Welt hoher und zarter Dinge einzutreten:
ich bin dort zu Hause, meine innerste Leidenschaft wird dort erst frei. Dass
ich für dies Vorrecht beinahe mit dem Leben zahlte, ist gewiss kein unbilliger
Handel. — Um nur etwas von meinem Zarathustra zu verstehn, muss man
vielleicht ähnlich bedingt sein, wie ich es bin, — mit Einem Fusse jenseits
des Lebens..." (KSA 14, 472 f.) Zur Funktion der in diesem Abschnitt vorgebrach-
ten Selbstgenealogie N.s siehe Hödl 2009, 536-573.
267, 30-268, 2 Ich betrachte es als ein grosses Vorrecht, einen solchen Vater
gehabt zu haben: die Bauern, vor denen er predigte — denn er war, nachdem er
einige Jahre am Altenburger Hofe gelebt hatte, die letzten Jahre Prediger — sag-
ten, so müsse wohl ein Engel aussehn.] Carl Ludwig N. war von 1838 bis 1841
Erzieher der Prinzessinnen Therese, Elisabeth und Alexandra am Hof des Her-
zogs von Sachsen-Altenburg in Altenburg und trat 1842 die Pfarrstelle in
Röcken an (zur Biographie sehr detailliert Goch 2000).
268, 2 Und hiermit berühre ich die Frage der Rasse.] Im Druckmanuskript von
EH gibt es zu EH Warum ich so gute Bücher schreibe 2 eine Fassung, die N.
offensichtlich in Turin behalten hat, und die wie folgt beginnt: „Zuletzt redet
hier eine Rassenfrage mit. Die Deutschen sind mir nicht verwandt genug — ich
drücke mich vorsichtig aus: es steht ihnen gar nicht frei, mich zu lesen..."
(KSA 14, 482, vgl. unten NK ÜK Warum ich so gute Bücher schreibe 2) Zum
Begriff der Rasse beim späten N. siehe z. B. NK KSA 6, 219, 10-13.
268, 2-4 Ich bin ein polnischer Edelmann pur sang, dem auch nicht ein Tropfen
schlechtes Blut beigemischt ist, am wenigsten deutsches.] Vorüberlegungen zu
 
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