Metadaten

Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0518
License: In Copyright

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Stellenkommentar EH UB, KSA 6, S. 317 495

317, 22 „Berliner Blau"] „Berliner Blau, ein wichtiges Farbmaterial, das eine
leichte dunkelblaue, auf dem Bruche kupferglänzende Masse darstellt. Es wird
durch Wärme sowie durch Alkalien und konzentrierte Säuren zerstört. Es bildet
sich immer, wenn Lösungen von gelbem Blutlaugensalz und von Eisenoxydsal-
zen zusammenkommen. [...] Erfunden wurde es 1704 [...] von dem Farbenfabri-
kanten Diesbach in Dippels Laboratorium zu Berlin und die Bereitung bis 1724
als Geheimnis bewahrt. Das an sich unlösliche B. B. löst sich in verdünnter
Oxalsäure leicht auf (blaue Tinte). [...] Die vorzüglichste Anwendung findet
es aber in der Färberei für Wolle und Baumwolle und in der Zeugdruckerei."
(Brockhaus 1894-1896, 2, 815).
Die Ausdrücke „preußisch-blau" (NL 1888, KSA 11, 35[46], 532 = KGW IX 4,
W I 3, 82, 14) und „Berliner Blau" (nur hier in 317, 22) lassen sich bei N. als
ironische Bezugnahmen auf den preußischen Nationalismus verstehen (vgl.
NWB 1, 392) — in diesem Blau sind auch die Uniformen der preußischen Armee
gehalten. „Berliner Blau" diente in der Gründerzeit durchaus allgemein der
symbolischen Repräsentation des Preußentums. So gibt der Kommerzienrat
Treibel in Theodor Fontanes Roman Frau Jenny Treibel (1892) zu verstehen:
„Und nun frage ich Sie weiter, was sind alle Kornblumen der Welt gegen eine
Berliner Blaufabrik? Im Berliner Blau haben Sie das symbolisch Preußische so
zu sagen in höchster Potenz, und je sicherer und unanfechtbarer das ist, desto
unerläßlicher ist auch mein Verbleiben auf dem Boden des Conservatismus."
(Fontane 1973, 6, 296).
317, 22-24 Das Unanständigste leistete ein Leipziger Blatt, die berüchtigten
„Grenzboten"; ich hatte Mühe, die entrüsteten Basler von Schritten abzuhalten.]
Am 17. 10. 1873 erschien unter dem Titel „Herr Friedrich Nietzsche und die
deutsche Cultur" eine sarkastische Besprechung von UB I in der Leipziger
Wochenschrift Die Grenzboten. Zeitschrift für Politik, Literatur und Kunst. Der
Artikel ist mit „B. F." signiert; hinter diesen Initialen sind folgende Verfasser
vermutet worden: Hans Blum, Redakteur der Grenzboten von 1871 bis 1878,
Bernhard Förster, späterer Gatte der Schwester N.s, Gustav Freytag sowie Fried-
rich Böttcher, Freund und Mitarbeiter Hans Blums (Kr I, 33, Fn. 24). Als „beson-
ders anrüchig" werden in der Besprechung nach Krümmel (Kr I, 33 f.) „die
Form des Angriffes auf Strauß und die ,Gehässigkeit des Verfassers gegen deut-
sches Staats- und Gesellschaftsleben'" geschildert. Basels Hochschule wurde
in dieser Besprechung unter die „Winkeluniversitäten" gerechnet, so dass am
14. 11. 1873 in den Grenzboten eine „Erklärung der Redaction" abgedruckt
wurde, ausgelöst durch „mehrfache Briefe von befreundeten Gelehrten der Bas-
ler Hochschule [...], welche die Ansicht aussprechen, daß in jenem Artikel die
Ehre der Universität angegriffen worden sei". Darauf antwortete die Redaktion
mit der „Erklärung", man habe „streng unterschieden zwischen dem Lehrkör-
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften