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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0520
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Stellenkommentar EH UB, KSA 6, S. 317-318 497

will wie vollständig ihn schon das erste Blatt seiner früheren Schrift überführt
daß er noch immer ihr Trugbild viel zu hoch achte." (Ewald 1875, 119 f.)
Von „Attentat" spricht im Blick auf UB I DS auch Carl Spitteler in seinem
Aufsatz für den Berner Bund vom 1. Januar 1888 zu N.s Schriften: „Speziell der
Verfasser dieser Zeilen fühlte sich seinerzeit durch den Angriff Nietzsches
gegen Strauß so gründlich abgestoßen, daß die Erinnerung an jenes Attentat
ihm während langer Jahre die Lust raubte, mit Nietzsches Werken fernerhin
Bekanntschaft zu schließen." (KGB III 7/3, 2, S. 962) Ewald hatte die Metapher
nicht benutzt.
317, 28-318, 2 Insgleichen der alte Hegelianer Bruno Bauer, an dem ich von da
an einen meiner aufmerksamsten Leser gehabt habe. Er liebte es, in seinen letz-
ten Jahren, auf mich zu verweisen, zum Beispiel Herrn von Treitschke, dem preus-
sischen Historiographen, einen Wink zu geben, bei wem er sich Auskunft über
den ihm verloren gegangnen Begriff „Cultur" holen könne.) In seinem Brief an
Spitteler vom 25. 07. 1888 meinte N., UB I DS habe ihm „die Sympathie aller
tieferen Naturen" eingebracht. „Der alte Hegelianer Bruno Bauer war seitdem
Nietzschianer." (KSB 8, Nr. 1071, S. 370, Z. 39-41) Der bislang früheste nach-
weisbare und zugleich einzige Bezug des Junghegelianers Bruno Bauer (1809-
1882) auf N. ist die Stelle, auf die hier angespielt wird. Sie findet sich in Bauers
Schrift Zur Orientirung über die Bismarck'sche Ära und lautet: „Für eine neue
Auflage seiner [sc. Heinrich von Treitschkes] Schriften möchten wir ihm aber
noch das Studium der Werke Friedrich Nietzsche's empfehlen. Dieser
deutsche Montaigne, Pascal und Diderot wird ihm in das Geschichtsleben, in
die Charaktere der Völker und in die Seele der alten und neuen Litteraturen
Blicke eröffnen, die ihn über die Beengtheit seiner particularistischen Ekstasen
erheben könnten. Möge er z. B. mit der Schrift des genannten Denkers über
,David Strauss den Bekenner und den Schriftsteller' den Anfang machen. Viel-
leicht wird er durch die schönen Erörterungen Nietzsche's über die auch von
Strauss getheilte Anbetung des Erfolges und über den ,Irrthum der öffentlichen
Meinung, dass (nicht nur die Armee, sondern) auch die deutsche Cultur (im
Krieg des Jahres 1870) gesiegt habe', an seiner eignen Befangenheit irre und
ahnet er etwas von der Wahrheit des Nietzsche'schen Satzes, jener Irrthum sei
,im Stande, den Sieg (der Waffen) in eine völlige Niederlage zu verwandeln: —
in eine Niederlage, ja, Exstirpation des deutschen Geistes zu Gunsten des deut-
schen Reichs.' / Möge er durch die ferneren Ausführungen Nietzsche's, dass
von einem Siege der deutschen Cultur ,aus den einfachsten Gründen nicht die
Rede sein könne, weil (auch nach jenem Erfolg der militärischen Waffe) die
französische Cultur fortbesteht wie vorher und wir von ihr abhängen wie vor-
her', sich zu einem gründlicheren Studium der nationalen Culturen anreizen
lassen und für die Fortsetzung seiner historischen Arbeiten über das neue
 
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