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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0528
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Stellenkommentar EH UB, KSA 6, S. 318-320 505

Philosoph Alfons Bilharz (1836-1925) schrieb N. am 31. 08. 1879, um ihm für
den „Genuß" der Lektüre von UB zu danken und ihn auf sein Werk Der helio-
centrische Standpunct der Weltbetrachtung aufmerksam zu machen (KGB II 6/
2, Nr. 1223, S. 1154).
319, 23-26 So wird zum Beispiel mit tiefer Instinkt-Sicherheit bereits hier das
Elementarische in der Natur Wagners als eine Schauspieler-Begabung bezeichnet,
die in seinen Mitteln und Absichten nur ihre Folgerungen zieht.] In UB IV WB 7,
KSA 1, 467, 32 sprach N. sogar von der „schauspielerische[n] Urbegabung" Wag-
ners. Die Kritik an Wagners nun als betrügerisch diffamierter Schauspielerei ist
ein zentrales Moment im Fall Wagner, vgl. z. B. NK KSA 6, 26, 28 f. Auch in 319,
23-26 könnte die Suggestion beabsichtigt sein, N. habe seine späteren kritischen
Einsichten, diesmal zu Wagner, bereits ganz früh gehabt. Zwar ist es richtig,
dass die Schrift über Richard Wagner in Bayreuth bereits eine gewisse Entfrem-
dung von Wagner signalisierte, jedoch klingen beispielsweise die Äußerungen
über Wagners „schauspielerische Urbegabung" noch durchweg affirmativ.
319, 31-320, 5 Ins Grosse gerechnet nahm ich zwei berühmte und ganz und
(gar) noch unfestgestellte Typen beim Schopf, wie man eine Gelegenheit beim
Schopf nimmt, um Etwas auszusprechen, um ein Paar Formeln, Zeichen, Sprach-
mittel mehr in der Hand zu haben. Dies ist zuletzt, mit vollkommen unheimlicher
Sagacität, auf S. 93 der dritten Unzeitgemässen auch angedeutet.] Auf der fragli-
chen Seite — UB III SE 7, KSA 1, 410 f. — ist von Schopenhauer die Rede, der
das Glück gehabt habe, dem „Genius" nicht nur in der eigenen Person, son-
dern auch in derjenigen Goethes zu begegnen. Danach folgt: „Hatte er [sc.
Schopenhauer] doch sogar noch etwas Höheres gesehen: eine furchtbare über-
weltliche Scene des Gerichts, in der alles Leben, auch das höchste und vollen-
dete, gewogen und zu leicht befunden wurde: er hatte den Heiligen als Richter
des Daseins gesehn. Es ist gar nicht zu bestimmen, wie frühzeitig Schopen-
hauer dieses Bild des Lebens geschaut haben muss, und zwar gerade so wie
er es später in allen seinen Schriften nachzumalen versuchte; man kann bewei-
sen, dass der Jüngling, und möchte glauben, dass das Kind schon diese unge-
heure Vision gesehn hat. Alles, was er später aus Leben und Büchern, aus
allen Reichen der Wissenschaft sich aneignete, war ihm beinahe nur Farbe
und Mittel des Ausdrucks; selbst die Kantische Philosophie wurde von ihm vor
Allem als ein ausserordentliches rhetorisches Instrument hinzugezogen, mit
dem er sich noch deutlicher über jenes Bild auszusprechen glaubte: wie ihm
zu gleichem Zwecke auch gelegentlich die buddhaistische und christliche
Mythologie diente. Für ihn gab es nur Eine Aufgabe und hunderttausend Mit-
tel, sie zu lösen: Einen Sinn und unzählige Hieroglyphen, um ihn auszudrü-
cken." (KSA 1, 410, 21-411, 5).
 
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