Stellenkommentar EH MAM, KSA 6, S. 323-324 515
zu haben." (N. an Carl von Gersdorff, 01. 05. 1872, KSB 3, Nr. 214, S. 317, Z. 47-
57).
324, 4 Brendel] Karl Franz Brendel (1811-1869) war Redakteur der Neuen Zeit-
schrift für Musik, in der er die von Liszt und Wagner vertretene „Zukunftsmu-
sik" propagierte, und Mitbegründer des „Allgemeinen Musikvereins".
324, 6 f. ich habe alle Art Bekenntnisse „schöner Seelen" über Wagner gehört]
Vgl. NK KSA 6, 221, 9 u. NK KSA 6, 157, 2-4.
324, 7 Ein Königreich für Ein gescheidtes Wort! —] Eine Anspielung auf die
bekannten Worte Richards III. im gleichnamigen Drama von Shakespeare: „A
horse! a horse! my kingdom for a horse!" (Richard III V, 4, 7).
324, 8 f. Nohl, Pohl, Kohl] Die enthusiastische, „in einem kostbaren Stil abge-
faßt[e]" Wagner-Biographie von Ludwig Nohl (1831-1885) hat N. im Frühsom-
mer 1888 in einer Hotelbibliothek aufgestöbert: „Ich selbst komme darin vor,
als ,der geistvolle Freund und Patron' wörtlich! — Der König von Baiern,
der ein bekannter Päderast war, sagt zu Wagner: ,Also Sie mögen die Weiber
auch nicht? sie sind so langweilig!' — Diese ,Meinung' findet Nohl ,jugend-
lich umfangen'..." (N. an Köselitz, 20. 06. 1888, KSB 8, Nr. 1049, S. 338,
Z. 37-42) Die Stelle notierte sich N. ein weiteres Mal, verbunden mit einer Stil-
kritik an Wagner und den Wagnerianern in NL 1888, KSA 13, 16[67], 507 f. (sie
wird weder in KSA 14, noch in KGB III 7/3, 1, S. 333 f. aufgeschlüsselt). Über
den bayerischen König Ludwig II. (1845-1886), Wagners extravaganten Förde-
rer, heißt es im Original: „Seine Gesinnung bekundet das Wort [zu Wagner]:
,Sie sind Protestant? Das ist recht. Immer liberal!' Und die noch jugendlich
umfangene Meinung: ,Sie lieben die Frauen auch nicht? — sie sind so langwei-
lig!' ließ alle Räume seines Innern der frohen Aufnahme idealer Regungen
offen stehen." (Nohl o. J., 70; zu Nohls früheren Berührungspunkten mit N.
vgl. Kr I 30 und 55 sowie Reich 2004, 153, jeweils kein Hinweis auf die von N.
erwähnte Bezugnahme Nohls auf ihn.) Nohls positiv gemeinte Inanspruch-
nahme N.s für die Wagnersche Sache dürfte N. 1888 in seinem polemischen
Widerspruch gegen Wagner bestärkt haben. Es geht in diesem Zusammenhang
um die Eröffnung der Festspiele in Bayreuth am 13. August 1876, „dem ewig
denkwürdigen Tage der Neuschöpfung der deutschen Kunst": „Von dem Ein-
drücke sagen wir diesmal, weil uns der Raum fehlt, alles zu sagen, — nichts,
geben aber, um wenigstens eine Vorstellung von dem Vorgange zu gewähren,
der da die Geister festbannte und die Gemüther in /95/ einem Zwange hielt,
der sich erst mit der letzten Note löste, aber dabei auch eine ganze Welt im
eigenen Innern aufdämmern ließ, einen kurzen Aufriß seines die Welt ausdeu-
tenden Wesens, sowie ihn jener geistvolle Freund und Patron [sc. des Bayreu-
zu haben." (N. an Carl von Gersdorff, 01. 05. 1872, KSB 3, Nr. 214, S. 317, Z. 47-
57).
324, 4 Brendel] Karl Franz Brendel (1811-1869) war Redakteur der Neuen Zeit-
schrift für Musik, in der er die von Liszt und Wagner vertretene „Zukunftsmu-
sik" propagierte, und Mitbegründer des „Allgemeinen Musikvereins".
324, 6 f. ich habe alle Art Bekenntnisse „schöner Seelen" über Wagner gehört]
Vgl. NK KSA 6, 221, 9 u. NK KSA 6, 157, 2-4.
324, 7 Ein Königreich für Ein gescheidtes Wort! —] Eine Anspielung auf die
bekannten Worte Richards III. im gleichnamigen Drama von Shakespeare: „A
horse! a horse! my kingdom for a horse!" (Richard III V, 4, 7).
324, 8 f. Nohl, Pohl, Kohl] Die enthusiastische, „in einem kostbaren Stil abge-
faßt[e]" Wagner-Biographie von Ludwig Nohl (1831-1885) hat N. im Frühsom-
mer 1888 in einer Hotelbibliothek aufgestöbert: „Ich selbst komme darin vor,
als ,der geistvolle Freund und Patron' wörtlich! — Der König von Baiern,
der ein bekannter Päderast war, sagt zu Wagner: ,Also Sie mögen die Weiber
auch nicht? sie sind so langweilig!' — Diese ,Meinung' findet Nohl ,jugend-
lich umfangen'..." (N. an Köselitz, 20. 06. 1888, KSB 8, Nr. 1049, S. 338,
Z. 37-42) Die Stelle notierte sich N. ein weiteres Mal, verbunden mit einer Stil-
kritik an Wagner und den Wagnerianern in NL 1888, KSA 13, 16[67], 507 f. (sie
wird weder in KSA 14, noch in KGB III 7/3, 1, S. 333 f. aufgeschlüsselt). Über
den bayerischen König Ludwig II. (1845-1886), Wagners extravaganten Förde-
rer, heißt es im Original: „Seine Gesinnung bekundet das Wort [zu Wagner]:
,Sie sind Protestant? Das ist recht. Immer liberal!' Und die noch jugendlich
umfangene Meinung: ,Sie lieben die Frauen auch nicht? — sie sind so langwei-
lig!' ließ alle Räume seines Innern der frohen Aufnahme idealer Regungen
offen stehen." (Nohl o. J., 70; zu Nohls früheren Berührungspunkten mit N.
vgl. Kr I 30 und 55 sowie Reich 2004, 153, jeweils kein Hinweis auf die von N.
erwähnte Bezugnahme Nohls auf ihn.) Nohls positiv gemeinte Inanspruch-
nahme N.s für die Wagnersche Sache dürfte N. 1888 in seinem polemischen
Widerspruch gegen Wagner bestärkt haben. Es geht in diesem Zusammenhang
um die Eröffnung der Festspiele in Bayreuth am 13. August 1876, „dem ewig
denkwürdigen Tage der Neuschöpfung der deutschen Kunst": „Von dem Ein-
drücke sagen wir diesmal, weil uns der Raum fehlt, alles zu sagen, — nichts,
geben aber, um wenigstens eine Vorstellung von dem Vorgange zu gewähren,
der da die Geister festbannte und die Gemüther in /95/ einem Zwange hielt,
der sich erst mit der letzten Note löste, aber dabei auch eine ganze Welt im
eigenen Innern aufdämmern ließ, einen kurzen Aufriß seines die Welt ausdeu-
tenden Wesens, sowie ihn jener geistvolle Freund und Patron [sc. des Bayreu-