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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0547
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524 Ecce homo. Wie man wird, was man ist

lieblichere Gerüche an ihm wahrnehmen, gesetzt, dass man einige Feinheit in
den Nüstern hat. Weder grosses, noch auch kleines Geschütz: ist die Wirkung
des Buchs negativ, so sind es seine Mittel um so weniger, diese Mittel, aus denen
die Wirkung wie ein Schluss, nicht wie ein Kanonenschuss folgt.] In der Okto-
ber-Fassung von EH lautete der Text, aus dem später der Anfang des Abschnitts
über die Morgenröthe wurde: „In gewissen Fällen ist es nicht die Feigheit, die
große Vogelscheuchen der Moral und andre Heilige hervorbringt, sondern eine
unterirdische Rache seitens Schlechtweggekommener, welche, vermit-
telst der Moral, den Glücklichen, den Wohlgerathenen das Gleichgewicht neh-
men und die Instinkte verwirren wollen. Ihr Triumph wäre, Herr zu werden mit
ihren Werthen und als Parasiten unter dem heiligen Vorwand, die Menschen zu
,verbessern', das Leben selbst auszusaugen, blutarm zu machen... Moral
als Vampyrismus. — Ich habe Gründe, bei dieser Vorstellung gerade hier Halt
zu machen, da in der Abfolge meiner Schriften mein erster Feldzug gegen die
Moral: Morgenröthe. Gedanken über die Moral als Vorurtheil (1881) an die
Reihe kommt. Nicht daß dieses Buch den geringsten Pulvergeruch an sich
hätte: dies Mal führt der alte Artillerist, der ich bin, weder großes noch kleines
Geschütz auf. Man hat mit einiger Feinheit zwischen der Wirkung dieses Buchs
zu unterscheiden und den Mitteln, die es anwendet, — aus denen, wie ein
psychologischer Schluß, nicht wie ein Kanonenschuß, die Wirkung folgt."
(KSA 14, 494, vgl. zum Artilleristen NK 357, 16).
329, 24-330, 3 Die Kunst, die es voraus hat, ist keine kleine darin, Dinge, die
leicht und ohne Geräusch vorbeihuschen, Augenblicke, die ich göttliche Eidech-
sen nenne, ein wenig fest zu machen — nicht etwa mit der Grausamkeit jenes
jungen Griechengottes, der das arme Eidechslein einfach anspiesste, aber immer-
hin doch mit etwas Spitzem, mit der Feder...] In der neuen Vorrede zu Menschli-
ches, Allzumenschliches von 1886 benutzte N. die Eidechse und ihre Vorlieben,
auf der Mauer in der Sonne zu liegen, als Bild für den genesenden freien Geist
(MA I Vorrede 5, KSA 2, 19); N. dachte dabei offensichtlich auch an ihre Regene-
rationsfähigkeit, die dem Menschen fehle, wie er in JGB 276, KSA 5, 228 aus-
führte. An manchen Stellen wird das Tier geradezu zum Ideal: „Schlau und
fröhlich, wie eine Eidechse in der Sonne", heißt es schon in NL 1881, KSA 9,
8[23], 388. In seiner Leichtigkeit und Leisheit steht das kleine Reptil in Za IV
Mittags, KSA 4, 344 für den „Augen-Blick" des Glücks. „,Wir Eidechsen
des Glücks' / Gedanken am späten Nachmittage, eines Dankbaren", lautet
ein Buchtitelentwurf in NL 1885/86, KSA 12, 1[143], 43 (korrigiert nach KGW IX
2, N VII 2, 107, 26-31).
Wenn N. vom „jungen Griechengott" spricht, „der das arme Eidechslein
einfach anspiesste, aber immerhin doch mit etwas Spitzem, mit der Feder",
beschreibt er recht präzise eine berühmte, unter dem Namen Apollon Saurokto-
 
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