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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0559
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536 Ecce homo. Wie man wird, was man ist

335, 24 f. bis zur plötzlichen und unter den unwahrscheinlichsten Verhältnissen
eintretenden Niederkunft im Februar 1883] Das erste Buch von Za schrieb N.
innerhalb kürzester Zeit Ende Januar 1883 nieder. Am 01. 02. 1883 kündigte er
es Köselitz als sein „Bestes" an und gestand, er habe sich mit ihm „einen
schweren Stein [...] von der Seele gewälzt" (KSB 6, Nr. 370, S. 321, Z. 30 f.). Bis
Ende Januar hatte sich N. infolge der Trennung von Lou von Salome (vgl. NK
336, 10-13) in einem Zustand tiefer Niedergeschlagenheit und gesundheitli-
chen Leidens befunden (vgl. N. an Overbeck, 20. 01. 1883, KSB 6, Nr. 369,
S. 318-320). Die folgende Hochphase dauerte auch nicht lange; schon am
10. 02. 1883 musste er Overbeck berichten: „Es ist wieder Nacht um mich; mir
ist zu Muthe, als hätte es geblitzt — ich war eine kurze Spanne Zeit ganz in
meinem Elemente und in meinem Lichte. Und nun ist es vorbei." (KSB 6,
Nr. 373, S. 325, Z. 6-9) N. betonte wiederholt die Widrigkeit der Verhältnisse,
unter denen Za entstand, und erklärte diese durch klimatische Bedingungen:
„Die ungeheure Last, die in Folge des Wetters auf mir liegt (sogar der alte
Aetna beginnt zu speien!) hat sich bei mir in Gedanken und Gefühle verwan-
delt, deren Druck furchtbar war: und aus dem plötzlichen Loswerden
von dieser Last, in Folge von 10 absolut heitern und frischen Januartagen,
die es gab, ist mein ,Zarathustra' entstanden, das losgebundenste meiner
Erzeugnisse." (N. an Köselitz, 19. 02. 1883, KSB 6, Nr. 381, S. 333, Z. 10-16) Auch
wurde N. nicht müde, das Plötzliche an der Entstehung des Werks hervorzuhe-
ben: „Seine Entstehung war eine Art Aderlaß, ich verdanke ihm, daß ich
nicht erstickt bin. Es war etwas Plötzliches, die Sache von 10 Tagen." (N. an
Köselitz, 17. 04. 1883, KSB 6, Nr. 402, S. 361, Z. 56-59) Vgl. NK 337, 1-4.
335, 25-336, 2 die Schlusspartie, dieselbe, aus der ich im Vorwort ein paar
Sätze citirt habe, wurde genau in der heiligen Stunde fertig gemacht, in der
Richard Wagner in Venedig starb] Wagner starb am 13. Februar 1883 im Palazzo
Vendramin-Calergo in Venedig. Am nächsten Tag erfuhr N., soeben in Genua
angekommen, davon aus einer Zeitungsnachricht (N. an Köselitz, 14. 02. 1883,
KSB 6, Nr. 378, S. 329 f.). Wenige Stunden zuvor hatte er von Rapallo aus das
abgeschlossene Manuskript von Za I seinem Verleger nach Chemnitz geschickt
(N. an Ernst Schmeitzner, 14. 02. 1883, KSB 6, Nr. 377, S. 329). Es scheint also
kaum eine Stilisierung der Tatsachen vorzuliegen, wenn N. behauptet, er habe
die in EH Vorwort 4, KSA 6, 260, 21-261, 8 auszugsweise zitierte Schlusspartie
von Za I (Von der schenkenden Tugend 3, KSA 4, lOlf.) in der „heiligen
Stunde" von Richard Wagners Tod beendet. Damit stellt er zwischen dem Text
von Za, der auch von der notwendigen Abkehr der „Gläubigen" von ihrem
„Lehrer" handelt, und der eigenen Loslösung von Wagner eine Parallele her
und überhöht diese Loslösung in der Zeitgleichheit der Ereignisse symbolisch.
 
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