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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0620
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Stellenkommentar EH WA, KSA 6, S. 358-359 597

lassen, aber in ihm brannte Centralfeuer, heiliger Grimm aus heiliger Liebe
sprühend. — Deßwegen gehören auch nicht je wieder zwei Völker so zusam-
men, wie Deutsche und Italiener. Die zwei Hälften der Menschennatur suchen
sich. Die Italiener erkennen es jetzt noch wenig, hassen uns historisch-poli-
tisch, aber es wird schon kommen." (Vischer 1879, 2, 254) Eine weitere Stelle
zu Renaissance und Reformation aus einem Zeitungsartikel Vischers macht
Morillas Esteban 2011a, 328 f. zugänglich. Über Vischers Verhältnis zur Refor-
mation mit gelegentlichen Seitenblicken auf N. vgl. auch Volhard 1932, 36-46.
359, 17 Instinkt gewordnen Unwahrhaftigkeit] N. benutzt die Wendung auch in
einer Vorstufe zu EH Vorwort 3, vgl NK 258, 23-27 sowie — auf den Idealismus
gemünzt — im Brief an Malwida von Meysenbug, 20. 10. 1888, KSB 8, Nr. 1135,
S. 458.
359, 18-32 Die Deutschen haben Europa um die Ernte, um den Sinn der letzten
grossen Zeit, der Renaissance-Zeit, gebracht, in einem Augenblicke, wo eine
höhere Ordnung der Werthe, wo die vornehmen, die zum Leben jasagenden, die
Zukunft-verbürgenden Werthe am Sitz der entgegengesetzten, der Nieder-
gangs-Werthe zum Sieg gelangt waren — und bis in die Instinkte der
dort Sitzenden hinein! Luther, dies Verhängniss von Mönch, hat die Kirche,
und, was tausend Mal schlimmer ist, das Christenthum wiederhergestellt, im
Augenblick, wo es unterlag... Das Christenthum, diese Religion gewordne
Verneinung des Willens zum Leben!... Luther, ein unmöglicher Mönch,
der, aus Gründen seiner „Unmöglichkeit", die Kirche angriff und sie — folglich! —
wiederherstellte... Die Katholiken hätten Gründe, Lutherfeste zu feiern, Luther-
spiele zu dichten...] Diese Gegengeschichte des Christentums, das nach seiner
fast vollzogenen Überwindung in der italienischen Renaissance durch Martin
Luther wiederhergestellt worden sei, der damit die verderbliche Lebensvernei-
nung erneuert habe, erzählt N. ausführlicher in AC 61, KSA 6, 250-252 (siehe
dazu die entsprechenden Einzelstellenkommentare).
359, 28 f. Verneinung des Willens zum Leben!] Vgl. NK KSA 6, 86, 25.
359, 32 f. Luther — und die „sittliche Wiedergeburt"!] Unter Protestanten war
die Assoziation von Luther und „sittlicher Wiedergeburt" durchaus verbreitet.
So organisierte Karl Rudolf Hagenbach, Professor für Kirchengeschichte in
Basel und ein N. dort wohlbekannter Kollege, die ganze Reformationsepoche
nach diesem Gesichtspunkt: „Sittliche Wiedergeburt der Personen wie der
Völker war ja, wie wir fortwährend zu bemerken Anlaß hatten, das eigentliche
Ferment der Reformation. Und so hat es sich denn auch gezeigt in der
Geschichte." (Hagenbach 1887, 629).
359, 34 Ohne Zweifel, die Deutschen sind Idealisten.] Vgl. NK 358, 7 f.
 
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