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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0646
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Stellenkommentar EH Schicksal, KSA 6, S. 368-369 623

sem Sinne die Normalleistung der vorhergegangenen, und stellt sich so auf die
Schultern der Vorfahren. Spencer wurde durch seinen subjectiven Optimis-
mus verhindert, dieses zu sehen. Er geht von der hergebrachten Anschauung
aus, dass die Glückseligkeit bestehe [sic] in einer Art Ruhe oder Gleichgewichts-
lage, die uns unsere Phantasie als ein erreichbares Paradies vorspiegelt, und
die er als den Normalzustand des Lebens betrachtet. Das ist aber unrichtig:
nicht Ruhe, sondern Bewegung ist die [sic] Normale; nicht auf Ruhe, sondern
auf Bewegung beruht die Glückseligkeit." (Kursiviertes von N. unterstrichen;
neben dem „Heerdenhaft" zwei Randstriche und „NB").
369, 9 f. hiesse die Menschheit castriren und auf eine armselige Chineserei
herunterbringen] Vgl. NK KSA 6, 177, 14-16; NL 1887, KSA 12, 10[17], 462 (KGW
IX 6, W II 2, 129, 2-24 u. 129, 33-42-130) und Herrmann 1887, 141: „Die Methode
der Verhinderung im Staatswesen unterdrückt alle freie Bewegung, sie schützt
die Großen und Mächtigen gegen die Kleinen, sie schützt die Gegenwart auf
Kosten der Zukunft. Sie zerstört die Keime, sie läßt die Entwickelung nicht zu,
und starre Ruhe ohne Fortschritt kennzeichnet ihr Wirken. Das chinesische
Reich mit seiner Grenzmauer, seiner Abschließung nach Außen und seiner Re-
glementirung im Innern verbleibt Jahrtausende lang in diesem Stadium. Auch
in Europa wäre dieses Ideal des Mercantilsystems und des Polizeistaates ver-
ewigt worden, hätte nicht die französische Revolution den Koloß der Herrschaft
der Satzungen und der Privilegien zertrümmert." (Letzter Satz von N. am Rand
mit drei Strichen markiert; hier Kursiviertes von ihm unterstrichen.) Eine Inspi-
rationsquelle dürfte für N.s Kritik an der Chineserei auch Mill 1869-1880, 1, 75
gewesen sein, siehe NK KSA 6, 142, 29.
369, 12 f. In diesem Sinne nennt Zarathustra die Guten bald „die letzten Men-
schen", bald den „Anfang vom Ende"] N. benutzt seine Zarathustra-Figur hier
exzessiv als eine philosophische Gesetzgeber-Autorität, deren Verlautbarungen
alles weitere Räsonieren unterbinden und jede Argumentation überflüssig
machen sollen. In diese Kompilation von Zarathustra-Verlautbarungen fließen
Stellen wie die folgenden ein: Za Vorrede 5, KSA 4, 19, 27-31: „Die Erde ist dann
klein geworden, und auf ihr hüpft der letzte Mensch, der Alles klein macht.
Sein Geschlecht ist unaustilgbar, wie der Erdfloh; der letzte Mensch lebt am
längsten. / ,Wir haben das Glück erfunden' — sagen die letzten Menschen und
blinzeln." Za III Von alten und neuen Tafeln 26, KSA 4, 266, 25 gibt das Stich-
wort vom „Anfang vom Ende", vgl. NK 369, 17-23.
369, 17-23 Die Guten — die können nicht schaffen, die sind immer der
Anfang vom Ende — / — sie kreuzigen den, der neue Werthe auf neue Tafeln
schreibt, sie opfern sich die Zukunft, sie kreuzigen alle Menschen-Zukunft! /
Die Guten — die waren immer der Anfang vom Ende... ] Ein Zitat aus Za III Von
 
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