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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0703
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680 Dionysos-Dithyramben

text lässt erkennen, dass es sich um eine Reminiszenz aus Justinus Kerner:
Blätter aus Prevorst, handeln könnte. Zuerst hat sie Carl Gustav Jung 1901
bemerkt (vgl. Jung 1962, 92). In Kerners Text (Der magnetische Zug der Seelen:
Ein Schrecken erweckender Auszug aus dem Journal des Schiffes Sphinx vom
Jahre 1686) ist mehrmals ausdrücklich von der „Insel Mount Stromboli" die
Rede (die einschlägige Stelle zitiert in KSA 14, 305 u. KGW VI 4, 891). Den
Stromboli nennt N. ausdrücklich im Zusammenhang mit den „Eigenschaften
des Übermenschen" in NL 1883, KSA 10, 10[23], 469. Weiter erschlossen und
kontextualisiert hat Haase 1994 N.s literarische und persönliche Begegnungen
mit dem Stromboli (und dem Ätna).
393, 7 Fragezeichen für Solche, die Antwort haben] Damit charakterisiert N.
sein Verfahren, alles in Frage zu stellen, was bisher als fraglos gewiss ange-
nommen wurde, insbesondere das geltende Wertesystem, die „Moral". „Frage-
zeichen" haben bei ihm, wie die häufige tatsächliche Verwendung von Frage-
zeichen in seinen Schriften und ebenfalls in den Dionysos-Dithyramben zeigt,
auch die Funktion, Suchbewegungen zu initiieren oder, am Ende suggestiv
gestellter rhetorischer Fragen, schon Antworten zu provozieren. Deshalb
nimmt er das am Anfang exponierte Problem der „Antwort" am Ende ringkom-
positorisch wieder auf: „gebt Antwort auf die Ungeduld der Flamme" (394, 4).
Auch in DD Zwischen Raubvögeln wird Zarathustra wie hier als „Fragezei-
chen" beschrieben (dort als „zwischen zwei Nichtse / eingekrümmt", 392, 7 f.,
hier „nach immer reineren Höhn [...] den Hals" biegend, 393, 10). Dort figurie-
ren die potentiellen Antwortgeber allerdings als Raubvögel, hier hingegen wer-
den sie als „Verschlagne Schiffer! Trümmer alter Sterne! / Ihr Meere der
Zukunft! Unausgeforschte Himmel" herbeigerufen (394, l f.). Diese entgegenge-
setzte Wertung der Rätsellöser (dort als Aasfresser, hier als ersehnte Überwin-
der) korreliert mit der umgekehrten Bewegungsrichtung: Während Zarathustra
zuvor in die „eignen Schächte" (DD Zwischen Raubvögeln, KSA 6, 391, 11)
hinabstieg und zu verenden drohte, strebt hier seine Flamme unter freiem Him-
mel nach oben.
393, 8-13 Diese Flamme mit weissgrauem Bauche / — in kalte Fernen züngelt
ihre Gier, / nach immer reineren Höhn biegt sie den Hals — / eine Schlange
gerad aufgerichtet vor Ungeduld: / dieses Zeichen stellte ich vor mich hin. //
Meine Seele selber ist diese Flamme] Schon in einem „Ecce homo" betitelten
Gedicht in FW „Scherz, List und Rache" 62, KSA 3, 367, 14-20 hat das lyrische
Ich sich und sein Denken als Flamme begriffen: „Ja! Ich weiss, woher ich
stamme! / Ungesättigt gleich der Flamme / Glühe und verzehr' ich mich. /
Licht wird Alles, was ich fasse, / Kohle Alles, was ich lasse: / Flamme bin ich
sicherlich."
 
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