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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0714
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Stellenkommentar DD Ruhm, KSA 6, S. 402 691

Stellung, die nun im 3. und 4. Teil zum Ausdruck kommt. Sie wird nicht
begründet, sondern entspringt einer ekstatischen Erfahrung, die das Ich im 3.
Teil inszeniert, indem es sich zum Seher stilisiert: Jeder der drei Abschnitte
dieses 3. Teils beginnt mit den Worten „Ich sehe" („ich sehe Grosses" — „Ich
sehe hinauf" — „Ich sehe ein Zeichen"). Der 4. Teil benennt sogleich dieses
„Zeichen" mit dem Ausruf: „Höchstes Gestirn des Seins!" (404, 26) Der
anschließende, wiederum ins Visionäre stilisierte Ausruf: „Ewiger Bildwerke
Tafel" (405, 5) erinnert an das von N. selbst als zentral bezeichnete Zara-
thustra-Kapitel Von alten und neuen Tafeln, das die Umwertung aller Werte
anzeigt: Auf den alten Tafeln, die Moses auf dem Berge Sinai von Gott empfing,
ist die alte Moral kodifiziert; die neuen Tafeln enthalten die aus der Umwer-
tung aller Werte gewonnenen neuen Wertvorstellungen. Von „Nothwendigkeit"
spricht N., indem er den an Heraklit orientierten Gedanken von der Ewigen
Wiederkunft des Gleichen auf eine immanente Grundstruktur des Weltgesche-
hens zurückführt. Wenn dieser Gedanke gewollt und bejaht wird, kommt dies
einer fundamentalen Bejahung des Daseins gleich. Indem die Ewige Wieder-
kunft des Gleichen gewollt wird, kommt die ontologisch fundierte Bejahung
des Lebens (405, 17: „ewiges Ja des Sein's") am stärksten zur Geltung. Zugleich
bedeutet die Ewige Wiederkunft des Gleichen eine Befreiung vom Streben nach
„Ruhm", der zwar auch die Zeitverfallenheit des Menschen aufheben soll, aber
doch der Einsicht in die wahre „Ewigkeit" nicht genügt — deshalb hebt N. den
letzten Vers hervor, mit dem im Za-Kapitel Die sieben Siegel jeder der sieben
Abschnitte schließt: „denn ich liebe dich, oh Ewigkeit! -" (405,
19) Damit soll das Leiden am „Missgeschick" aufgehoben werden, denn die
Wahrnehmung der objektiven, weil im „Sein" begründeten „Nothwendigkeit"
übersteigt alles. Das Zarathustra-Kapitel Von alten und neuen Tafeln allerdings
endet mit einer emphatischen Apostrophe des eigenen „Willens", der zur Not-
wendigkeit erhoben wird: „Oh du mein Wille! Du Wende aller Noth du meine
Nothwendigkeit!" (KSA 4, 268, 24 f.; analog der letzte Satz 269, 19).
Als Prosa-Kommentar zu dieser Partie zu lesen ist folgender Passus in Ecce
homo: „Das psychologische Problem im Typus des Zarathustra ist, wie der,
welcher in einem unerhörten Grade Nein sagt, Nein thut, zu Allem, wozu
man bisher Ja sagte, trotzdem der Gegensatz eines neinsagenden Geistes sein
kann; [...] wie der, welcher die härteste, die furchtbarste Einsicht in die Realität
hat, welcher den ,abgründlichsten Gedanken' gedacht hat, trotzdem darin kei-
nen Einwand gegen das Dasein, selbst nicht gegen dessen ewige Wiederkunft
findet, — vielmehr einen Grund noch hinzu, das ewige Ja zu allen Dingen
selbst zu sein, ,das ungeheure unbegrenzte Ja- und Amen-sagen'..." (EH Za
6, KSA 6, 344, 34-345, 12).
Das Thema und das Motivspektrum des Dithyrambus Ruhm und Ewigkeit
wurden bereits in einer Notiz vom Sommer / Herbst 1883 umrissen. Die Ewige
 
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