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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0722
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Stellenkommentar DD Armut, KSA 6, S. 407-410 699

„Blitzen" (408, 10) die „Wahrheit" über das inspirierte Ich, das deshalb hinge-
rissen ausruft: „komm, komm, geliebte Wahrheit!" (408, 13) N. kannte die spe-
zifisch ,dionysische' Inspiration wie durch einen „Blitz" gerade im Zusammen-
hang mit der Dithyrambendichtung. Im ältesten Zeugnis für einen zu Ehren
des Dionysos gesungenen Dithyrambos, das von Archilochos stammt (7. Jahr-
hundert v. Chr.), heißt es, er, Archilochos, singe Dionysos, dem Weingott, der
ihn berauscht hat, wie „vom Blitz getroffen" (ovyKepauvwOeig) einen Dithyram-
bos. N. beschäftigte sich mit Archilochos und seiner Dithyramben-Dichtung
intensiv schon in GT 5 und 6.
408, ll f. Auf breiten langsamen Treppen / steigt ihr Glück zu mir:] Dazu gibt
es eine Notiz in einer Vorstufe: „auf breiter langsamer Treppe / zu seinem
Glück", nach 408, 12 gestrichen: „steigt ihr Blick" (KSA 14, 518).
408, 15 Meine Wahrheit ists!] Vgl. den Überblickskommentar zu diesem
Dithyrambus.
409, 6 f. geh weg, du Reicher, / geh, Zarathustra, weg aus deiner Sonne!...]
Paradox formulierte Anspielung auf die Anekdote, derzufolge der asketisch
lebende Diogenes von Sinope, die Vorbildfigur der Kyniker, zu Alexander dem
Großen, der ihm die Erfüllung eines besonderen Wunsches in Aussicht stellte,
gesagt haben soll: „Geh mir aus der Sonne!" (Plutarch: Vitae parallelae: Alex-
ander 14).
409, 8 Du möchtest schenken, wegschenken deinen Überfluss] Vgl. Za I Von der
schenkenden Tugend (KSA 4, 97-102). Zum Höhepunkt geführt wird das Motiv
des Schenkens in den Worten, welche die „Wahrheit" am Ende zu Zarathustra
spricht: „verschenke dich selber erst, oh Zarathustra!" (410, 8). In
einem Brief an Ferdinand Avenarius vom 10. 12. 1888 stellte N. Wagner und
sich selbst als Antipoden dar: als den „Gegensatz eines decadent und einer
aus der Überfülle der Kraft herausschaffenden, das heißt dionysischen
Natur" und erklärte: „Wir sind verschieden wie arm und reich" (KSB 8,
Nr. 1184, S. 517 f., Z. 9-15). Im Dionysos-Dithyrambus Von der Armuth des
Reichsten wird dieser Gegensatz ins Innere des Ichs verlegt und aufgehoben.
409, 26-410, 2 Du opferst dich, dich quält dein Reichthum —, / du giebst dich
ab, / du schonst dich nicht, du liebst dich nicht: / die grosse Qual zwingt dich
allezeit, / die Qual übervoller Scheuern, übervollen Herzens / aber Nie-
mand dankt dir mehr...] Dazu gibt es in der Vorstufe die Notiz: „er opfert sich,
das macht sein Reichthum: / er giebt, er giebt sich ab: / er schont sich nicht,
er liebt sich nicht, — / die große Qual / zwingt ihn, die Qual der übervollen
Scheuern" (KSA 14, 518).
 
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