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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Mitarb.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0729
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706 Nietzsche contra Wagner. Aktenstücke eines Psychologen

sung scheint er, wie gesagt, Anfang Januar mit der Fertigstellung der Dionysos-
Dithyramben aufgegeben zu haben, ohne dass dies doch den Schluss erlaubt,
N.s Entscheidungsfindung hätte nicht von anderen Erwägungen erneut revidiert
werden können, wäre nicht die geistige Umnachtung eingetreten. Eine Disquali-
fizierung von NW als „untergeordnet" erscheint jedenfalls voreilig.
Als Franz Overbeck am 8. Januar 1889 in Turin eintraf, um den offenbar
wahnsinnig gewordenen N. dort abzuholen, traf er ihn „in einer Sophaecke
kauernd und lesend" an — „wie sich dann ergab die letzte Correctur von Nietz-
sche contra Wagner" (Overbeck an Köselitz, 15. 01. 1889, Overbeck / Köselitz
1998, 205). In den folgenden Wochen wurde im Briefwechsel von Köselitz und
Overbeck denn auch die Frage erörtert, wie mit N.s zum Druck fertiggestellten
Manuskripten, darunter demjenigen von NW weiter zu verfahren sei. In einem
nur in Auszügen erhaltenen Brief schrieb Köselitz, der sich mit dem Drucker
Naumann darüber austauschte, Overbeck am 18. 01. 1889: „Ueber Drucklegung
und Publikation von Nietzsche contra Wagner muss man sich, da das ganze
Heft noch im Satze steht, rasch entscheiden. Vielleicht liesse man am besten
50 Exemplare zur Verteilung an Freunde abziehen um die Arbeit des Setzens
nicht ganz vergeblich getan zu lassen." (Overbeck / Köselitz 1998, 210) Over-
beck stimmte dieser Idee am 20. 01. 1889 zu: „Dass ,Nietzsche contra Wagner'
in der von Ihnen bezeichneten beschränkten Weise publicirt wird ist ganz in
meinem Sinn, nicht aber eine eigentliche Publication: 1) weil ich — nicht aus
einem mir gänzlich fernliegenden Zartgefühl für unser ,Reich' — Conflicte der
Schriften N.'s, in diesem Augenblick vollends mit der Polizei um jeden Preis
vermieden sehen möchte, sie aber bei der Gattung von politischer Weisheit,
die zur Zeit unser Deutschland regiert, um ein paar Stellen willen besorge über
den Kaiser u. A. 2) weil die Darstellung hier und da etwas so Zerfliessendes
annimmt (z. B. S. 33 [sc. der Schluss von NW Epilog, KSA 6, 439, 7-19]), dass
ich wenigstens mich des Verdachts nicht erwehren kann, es hätten dabei N.
die Kräfte schon versagt — und dass diese Aufzeichnungen durchgängig aus
N.'s ,älteren Schriften' stammten (laut Vorrede) ist ja um Stellen wie S. 15 f. [sc.
NW Wohin Wagner gehört, KSA 6, KSA 6, 427 f.] willen nicht ganz streng zu
nehmen. Dagegen, welches Unglück wenn dieses Schriftchen mit allen seinen
Herrlichkeiten — Schlussgedicht u. A. — ganz aus der Welt verschwände und
sich nicht für eine spätere Zeit in halber Verborgenheit durch Druck fixirt
erhielte! Also mit Ihrem Vorschlag ganz einverstanden." (Overbeck / Köselitz
1998, 213 f.) Zwei Tage später meldete Köselitz von seinen Gesprächen mit dem
Verleger: ,„Nietzsche contra Wagner' wäre der eine der Brüder Naumann nicht
abgeneigt, herauszugeben. Der ,Fall Wagner' wird, wie ich mich selbst über-
zeugte, lebhaft verlangt, vielleicht wäre es mit Nietzsche contra Wagner
ebenso." (Köselitz an Overbeck, 22. 01. 1889, Overbeck / Köselitz 1998, 215) Am
 
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