742 Nietzsche contra Wagner. Aktenstücke eines Psychologen
Bei der Musik erfolge „ihre Entwicklung zu künstlerischen Formen auch dort
erst [...], nachdem die übrigen Künste dies Ziel schon erreicht haben" (Nau-
mann 1869, 54). Feststellungen wie diese untermauerte Naumann mit Sätzen,
deren Gegenteil N. in GT gerade hatte beweisen wollen: „Das classische Alter-
thum kannte die Musik vorzugsweise nur als eine Dienerin der Poesie" (Nau-
mann 1871, 6). Tatsächlich ließe sich fragen, ob die in MA II VM 171 und NW
Eine Musik ohne Zukunft hervorgehobene, kulturelle Epigonalität der Musik
nicht in offenem Widerspruch zu einer Grundannahme von GT steht und damit
die Ablösung eines in N.s Frühwerk vorherrschenden Gedankens markiert:
Kommt die Musik tatsächlich immer erst im nachhinein, handelt es sich bei
der „Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik" (so der Titel von GT 1872)
um eine kontrafaktische Behauptung.
423, 20 Meister] MA II VM 171, KSA 2, 450, 11 f.: „Musiker".
423, 21 Ausklang] MA II VM 171, KSA 2, 450, 12 f.: „vollen Klang".
423, 22 echt-] MA II VM 171, KSA 2, 450, 13: „ächt-".
423, 23 aus Luther's] MA II VM 171, KSA 2, 450, 15: „von Luther's".
423, 24 der jüdisch-heroische Zug] MA II VM 171, KSA 2, 450, 15 f.: „der grosse
jüdisch-heroische Zug".
423, 24-26 welcher der Reformation einen Zug der Grösse gab — das alte Tes-
tament Musik geworden, nicht das neue.] MA II VM 171, KSA 2, 450, 16 f.:
„welcher die ganze Reformations-Bewegung schuf." Die Veränderung der Vor-
lage in NW lässt sich vor dem Hintergrund der unerbittlichen Kritik am Neuen
Testament in AC 44 bis 46, KSA 6, 218-225 lesen, dem gegenüber das Alte
Testament noch verhältnismäßig gut wegkommt. Tatsächlich fand Georg Fried-
rich Händel seine wichtigsten Oratorienstoffe mit Ausnahme des Messias im
Alten Testament (Esther, Saul, Israel in Egypt, Samson, Joseph and his Brethren,
Belshazzar, Judas Maccabaeus, Joshua, Susanna, Solomon und Jephtha). Den
„Zug der Grösse" hat N. in AC der Reformation freilich nicht zuerkannt, vgl.
seine Invektive gegen Luther in AC 61, KSA 6, 251, 12-32.
423, 28 heraus; erst] MA II VM 171, KSA 2, 450, 19: „heraus. Erst".
423, 31 des flüchtigen Glücks.] MA II VM 171, KSA 2, 450, 21 f.: „des flüchti-
gen Glückes."
423, 31-424, 1 Jede wahrhafte, jede originale Musik ist Schwanengesang.] MA
II VM 171, KSA 2, 450, 22-24: „So möchte denn ein Freund empfindsamer
Gleichnisse sagen, jede wahrhaft bedeutende Musik sei Schwanengesang." Der
Ausdruck „Schwanengesang" kommt abgesehen von diesen beiden Stellen in
Bei der Musik erfolge „ihre Entwicklung zu künstlerischen Formen auch dort
erst [...], nachdem die übrigen Künste dies Ziel schon erreicht haben" (Nau-
mann 1869, 54). Feststellungen wie diese untermauerte Naumann mit Sätzen,
deren Gegenteil N. in GT gerade hatte beweisen wollen: „Das classische Alter-
thum kannte die Musik vorzugsweise nur als eine Dienerin der Poesie" (Nau-
mann 1871, 6). Tatsächlich ließe sich fragen, ob die in MA II VM 171 und NW
Eine Musik ohne Zukunft hervorgehobene, kulturelle Epigonalität der Musik
nicht in offenem Widerspruch zu einer Grundannahme von GT steht und damit
die Ablösung eines in N.s Frühwerk vorherrschenden Gedankens markiert:
Kommt die Musik tatsächlich immer erst im nachhinein, handelt es sich bei
der „Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik" (so der Titel von GT 1872)
um eine kontrafaktische Behauptung.
423, 20 Meister] MA II VM 171, KSA 2, 450, 11 f.: „Musiker".
423, 21 Ausklang] MA II VM 171, KSA 2, 450, 12 f.: „vollen Klang".
423, 22 echt-] MA II VM 171, KSA 2, 450, 13: „ächt-".
423, 23 aus Luther's] MA II VM 171, KSA 2, 450, 15: „von Luther's".
423, 24 der jüdisch-heroische Zug] MA II VM 171, KSA 2, 450, 15 f.: „der grosse
jüdisch-heroische Zug".
423, 24-26 welcher der Reformation einen Zug der Grösse gab — das alte Tes-
tament Musik geworden, nicht das neue.] MA II VM 171, KSA 2, 450, 16 f.:
„welcher die ganze Reformations-Bewegung schuf." Die Veränderung der Vor-
lage in NW lässt sich vor dem Hintergrund der unerbittlichen Kritik am Neuen
Testament in AC 44 bis 46, KSA 6, 218-225 lesen, dem gegenüber das Alte
Testament noch verhältnismäßig gut wegkommt. Tatsächlich fand Georg Fried-
rich Händel seine wichtigsten Oratorienstoffe mit Ausnahme des Messias im
Alten Testament (Esther, Saul, Israel in Egypt, Samson, Joseph and his Brethren,
Belshazzar, Judas Maccabaeus, Joshua, Susanna, Solomon und Jephtha). Den
„Zug der Grösse" hat N. in AC der Reformation freilich nicht zuerkannt, vgl.
seine Invektive gegen Luther in AC 61, KSA 6, 251, 12-32.
423, 28 heraus; erst] MA II VM 171, KSA 2, 450, 19: „heraus. Erst".
423, 31 des flüchtigen Glücks.] MA II VM 171, KSA 2, 450, 21 f.: „des flüchti-
gen Glückes."
423, 31-424, 1 Jede wahrhafte, jede originale Musik ist Schwanengesang.] MA
II VM 171, KSA 2, 450, 22-24: „So möchte denn ein Freund empfindsamer
Gleichnisse sagen, jede wahrhaft bedeutende Musik sei Schwanengesang." Der
Ausdruck „Schwanengesang" kommt abgesehen von diesen beiden Stellen in