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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

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https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0768
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Stellenkommentar NW Musik, KSA 6, S. 424 745

bemächtigten sich dieser Vortheile, und am verhinderten und verkommenden
Nationalwohlstande nährt der jüdische Banquier seinen enormen Vermögens-
stand. Liebenswürdig und schön ist der Fehler des Deutschen, welcher die
Innigkeit und Reinheit seiner Anschauungen und Empfindungen zu keinem
eigentlichen Vortheil, namentlich für sein öffentliches und Staats-Leben auszu-
beuten wußte: daß auch hier ein Vortheil auszunutzen übrig blieb, konnte nur
derjenigen Geistesrichtung erkenntlich sein, welche im tiefsten Grunde das
deutsche Wesen missverstand." (Wagner 1907, 10, 42 f.) Wagners Expektoratio-
nen über das nationale Wesen sind also zutieft antisemitisch kontaminiert.
424, 8-17 Wagner's Aneignung alter Sagen und Lieder, in denen das gelehrte
Vorurtheil etwas Germanisches par excellence zu sehn gelehrt hatte — heute
lachen wir darüber —, die Neubeseelung dieser skandinavischen Unthiere mit
einem Durst nach verzückter Sinnlichkeit und Entsinnlichung — dieses ganze
Nehmen und Geben Wagner's in Hinsicht auf Stoffe, Gestalten, Leidenschaften
und Nerven spricht deutlich auch den Geist seiner Musik aus, gesetzt dass
diese selbst, wie jede Musik, nicht unzweideutig von sich zu reden wüsste: denn
die Musile ist ein Weib...] MA II VM 171, KSA 2, 451, 8-31: „Wagner's Aneignung
der altheimischen Sagen, sein veredelndes Schalten und Walten unter deren
so fremdartigen Göttern und Helden — welche eigentlich souveräne Raubthiere
sind, mit Anwandlungen von Tiefsinn, Grossherzigkeit und Lebensüberdruss —,
die Neubeseelung dieser Gestalten, denen er den christlich-mittelalterlichen
Durst nach verzückter Sinnlichkeit und Entsinnlichung dazugab, dieses ganze
Wagnerische Nehmen und Geben in Hinsicht auf Stoffe, Seelen, Gestalten und
Worte spricht deutlich auch den Geist seiner Musik aus, wenn diese, wie
alle Musik, von sich selber nicht völlig unzweideutig zu reden vermöchte: die-
ser Geist führt den allerletzten Kriegs- und Reactionszug an gegen den
Geist der Aufklärung, welcher aus dem vorigen Jahrhundert in dieses hinein-
wehte, eben so gegen die übernationalen Gedanken der französischen
Umsturz-Schwärmerei und der englisch-amerikanischen Nüchternheit im
Umbau von Staat und Gesellschaft. — Ist es aber nicht ersichtlich, dass die
hier — bei Wagner selbst und seinem Anhänge — noch zurückgedrängt erschei-
nenden Gedanken- und Empfindungskreise längst von Neuem wieder Gewalt
bekommen haben, und dass jener späte musikalische Protest gegen sie zumeist
in Ohren hineinklingt, die andere und entgegengesetzte Töne lieber hören? so
dass eines Tages jene wunderbare und hohe Kunst ganz plötzlich unverständ-
lich werden und sich Spinnweben und Vergessenheit über sie legen könnten. —"
Die antiaufklärerische Spitze von Wagners Schaffen, das in MA II VM 171 noch
breiten Raum einnimmt, entfällt in NW ersatzlos, da sich N. offenbar nicht
mehr in der Rolle des Verteidigers der Aufklärung des 18. Jahrhunderts sieht.
Während in MA II VM 171 für die Zukunft vorausgesagt wird, man werde Wag-
 
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