Stellenkommentar NW Antipoden, KSA 6, S. 425 751
doch der Hauptsatz, zu dem einer der kühnsten und kältesten Denker, der
Verfasser des Buchs ,über den Ursprung der moralischen Empfindungen' (-
lisez: Nietzsche, der erste Immoralist —) vermöge seiner ein- und durch-
schneidenden Analysen des menschlichen Handelns gelangt ist? ,der morali-
sche Mensch steht der intelligiblen Welt nicht näher als der physische Mensch:
denn es giebt keine intelligible Welt...' Dieser Satz, hart und schneidig gewor-
den unter dem Hammerschlag der historischen Erkenntniß
(— lisez: erstes Buch der Umwerthung der Werthe —) kann vielleicht
einmal, in irgend welcher Zukunft (- 1890! —) als die Axt dienen, welche dem
,metaphysischen Bedürfnisse' des Menschen an die Wurzel gelegt wird, — ob
mehr zum Segen als zum Fluche der Menschheit, wer wüßte das zu sagen?
aber jedenfalls als ein Satz der erheblichsten Folgen, fruchtbar und furchtbar
zugleich und mit jenem Doppelblick in die Welt sehend, welchen alle großen
Erkenntnisse haben. — Endlich ich gebe auf den letzten Seiten von ,Jenseits
von Gut und Böse' ein Stück Psychologie über mich, — ich hüte mich zu sagen,
unter welchem Namen und Vorwande..." (KSA 14, 525 f. u. Podach 1961, 57 f.)
Auf dem Blatt folgt noch ein Hinweis für den Setzer: „Das, was im Ms. folgt,
nach den Worten ,mit mir...' ist als 2 desselben Capitels einzuführen. Dem-
nach erhält der Anfang des Capitels die Ziffer 1" (ebd.).
N. scheint diesen Zettel nicht an Naumann geschickt zu haben. Stattdessen
verfasste er einen neuen Text unter Gebrauch von MA I 37, der dann zu EH MA
6, KSA 6, 327 f. geworden ist. Das oben zitierte Blatt kam nach Aussage von
Elisabeth Förster-N. nach Paraguay (zum anderen sogenannten „Paraguay-Zet-
tel" siehe NK KSA 6, 362, 22). Bei der Diskussion um die von Overbeck vorgeb-
lich verlorenen Bücher der „Umwerthung aller Werthe" diente es dann für
Förster-N. als Beleg dafür, dass außer AC noch mehr Bücher vorhanden gewe-
sen sein müssten und N. noch im Dezember 1888 AC bloß für das erste Buch
gehalten habe. In der modifizierten Fassung von EH MA 6, KSA 6, 328, 18 steht
aber explizit nur noch: „(lisez: Umwerthung aller Werthe —)", was Mon-
tinari in KSA 14, 526 als Zeugnis nimmt, dass AC in N.s Augen schließlich die
ganze „Umwerthung aller Werthe" gewesen sei.
Der Satz aus Paul Rees Der Ursprung der moralischen Empfindungen (1877,
VIII) wird in der Vorlage MA I 37, KSA 2, 61, 7 f. noch wie folgt wiedergegeben:
„,Der moralische Mensch, sagt er [sc. Ree], steht der intelligiblen (metaphysi-
schen) Welt nicht näher, als der physische Mensch.'" (In der Vorlage fehlt nur
der Sprechereinschub und die Erläuterung in der Klammer: „(metaphysi-
schen)", siehe Ree 2004, 127). Der Zusatz „denn es giebt keine intelligible
Welt..." taucht erst auf dem Manuskriptblatt in Mp XVI 5 auf und stammt nicht
von Ree, sondern von N.
doch der Hauptsatz, zu dem einer der kühnsten und kältesten Denker, der
Verfasser des Buchs ,über den Ursprung der moralischen Empfindungen' (-
lisez: Nietzsche, der erste Immoralist —) vermöge seiner ein- und durch-
schneidenden Analysen des menschlichen Handelns gelangt ist? ,der morali-
sche Mensch steht der intelligiblen Welt nicht näher als der physische Mensch:
denn es giebt keine intelligible Welt...' Dieser Satz, hart und schneidig gewor-
den unter dem Hammerschlag der historischen Erkenntniß
(— lisez: erstes Buch der Umwerthung der Werthe —) kann vielleicht
einmal, in irgend welcher Zukunft (- 1890! —) als die Axt dienen, welche dem
,metaphysischen Bedürfnisse' des Menschen an die Wurzel gelegt wird, — ob
mehr zum Segen als zum Fluche der Menschheit, wer wüßte das zu sagen?
aber jedenfalls als ein Satz der erheblichsten Folgen, fruchtbar und furchtbar
zugleich und mit jenem Doppelblick in die Welt sehend, welchen alle großen
Erkenntnisse haben. — Endlich ich gebe auf den letzten Seiten von ,Jenseits
von Gut und Böse' ein Stück Psychologie über mich, — ich hüte mich zu sagen,
unter welchem Namen und Vorwande..." (KSA 14, 525 f. u. Podach 1961, 57 f.)
Auf dem Blatt folgt noch ein Hinweis für den Setzer: „Das, was im Ms. folgt,
nach den Worten ,mit mir...' ist als 2 desselben Capitels einzuführen. Dem-
nach erhält der Anfang des Capitels die Ziffer 1" (ebd.).
N. scheint diesen Zettel nicht an Naumann geschickt zu haben. Stattdessen
verfasste er einen neuen Text unter Gebrauch von MA I 37, der dann zu EH MA
6, KSA 6, 327 f. geworden ist. Das oben zitierte Blatt kam nach Aussage von
Elisabeth Förster-N. nach Paraguay (zum anderen sogenannten „Paraguay-Zet-
tel" siehe NK KSA 6, 362, 22). Bei der Diskussion um die von Overbeck vorgeb-
lich verlorenen Bücher der „Umwerthung aller Werthe" diente es dann für
Förster-N. als Beleg dafür, dass außer AC noch mehr Bücher vorhanden gewe-
sen sein müssten und N. noch im Dezember 1888 AC bloß für das erste Buch
gehalten habe. In der modifizierten Fassung von EH MA 6, KSA 6, 328, 18 steht
aber explizit nur noch: „(lisez: Umwerthung aller Werthe —)", was Mon-
tinari in KSA 14, 526 als Zeugnis nimmt, dass AC in N.s Augen schließlich die
ganze „Umwerthung aller Werthe" gewesen sei.
Der Satz aus Paul Rees Der Ursprung der moralischen Empfindungen (1877,
VIII) wird in der Vorlage MA I 37, KSA 2, 61, 7 f. noch wie folgt wiedergegeben:
„,Der moralische Mensch, sagt er [sc. Ree], steht der intelligiblen (metaphysi-
schen) Welt nicht näher, als der physische Mensch.'" (In der Vorlage fehlt nur
der Sprechereinschub und die Erläuterung in der Klammer: „(metaphysi-
schen)", siehe Ree 2004, 127). Der Zusatz „denn es giebt keine intelligible
Welt..." taucht erst auf dem Manuskriptblatt in Mp XVI 5 auf und stammt nicht
von Ree, sondern von N.