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Sommer, Andreas Urs; Nietzsche, Friedrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Contr.]
Historischer und kritischer Kommentar zu Friedrich Nietzsches Werken (Band 6,2): Kommentar zu Nietzsches "Der Antichrist", "Ecce homo", "Dionysos-Dithyramben", "Nietzsche contra Wagner" — Berlin, Boston: De Gruyter, 2013

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.70914#0803
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780 Nietzsche contra Wagner. Aktenstücke eines Psychologen

Unersättlichen in der Liebe, der die Hölle erfinden musste, um Die dorthin
zu schicken, welche ihn nicht lieben wollten, — und der endlich, wissend
geworden über menschliche Liebe, einen Gott erfinden musste, der ganz Liebe,
ganz Lieben-können ist, — der sich der Menschen-Liebe erbarmt, weil sie
gar so armselig, so unwissend ist! Wer so fühlt, wer dergestalt um die Liebe
weiss —, sucht den Tod. — Aber warum solchen schmerzlichen Dingen
nachhängen? Gesetzt, dass man es nicht muss. —" In seinem Handexemplar
von JGB hat N. die Änderung von „Glaube" in „Aberglaube" ebenfalls eingetra-
gen (KSA 14, 373) — wohl im Blick auf die Bearbeitung für NW.
Der dem „Weibe" zugeschriebene „Glaube" bzw. „Aberglaube", dass Liebe
alles vermöge, ist ein großes Thema in Wagners Werk, das schon die „Romanti-
sche Oper" Der Fliegende Holländer von 1843 bestimmt, wo der Titelheld dank
der unbedingten, uneingeschränkten und ewigen Liebe Sentas erlöst wird.
Den Schluss von JGB 269 lässt die Neufassung von NW stillschweigend
weg. Das in diesem Schluss zumindest tentativ vermittelte Bild Jesu, der seine
unerwiderte Liebe in Verdammungs- und Vernichtungswünsche ummünzt,
aber sich schließlich zum Bild eines unbedingt liebenden Gottes durchringt,
ist nicht mit der „Psychologie des Erlösers" in AC 28 bis 36, KSA 6, 198-208
vereinbar. Der „Typus des Erlösers" hat keine Entwicklungsgeschichte durchge-
macht, wie sie in JGB 269 geschildert wird, ebensowenig wäre für diesen radi-
kalen und doch unbewussten Vernichter aller Distanz die Erfindung der
„Hölle" eine mögliche biographische Wendung. Der „Typus des Erlösers" ist
von Anfang an völlig frei von Ressentiment. Demgegenüber erinnert Jesus in
JGB 267 mit seinen eschatologischen Wünschen und apokalyptischen Visionen
stark an die Jesus-Figur, mit der sich N. zur Abfassungszeit von JGB bei der
Lektüre von Ernest Renans Vie de Jesus auseinandergesetzt hat. Vgl. z. B.
KSA 6, 202, 34-203, 6.

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Die Vorlage für diesen Abschnitt ist JGB 270, KSA 5, 225 f.
435, 15 Der geistige Ekel und Hochmuth] JGB 270, KSA 5, 225, 19: „Der geistige
Hochmuth und Ekel".
435, 16 f. wie tief Einer leiden kann] JGB 270, KSA 5, 225, 20 f.: „wie tief Men-
schen leiden können".
435, 19 f. wissen könnten] JGB 270, KSA 5, 225, 23 f.: „wissen können".
435, 21 zu Hause] JGB 270, KSA 5, 225, 25: ,„zu Hause'".
 
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