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Oehme, Curt [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1940, 7. Abhandlung): Der Einfluß des Glykokolls bei Hund und Ratte, 1 — Heidelberg, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.43799#0006
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Curt Oehme: Der Energiehaushalt
Manche Aminosäuren — so Glykokoll, Alanin, 1 (- ) Leucin, I (+) Iso-
leucin, 1 (—) Tyrosin, dl-Phenylalanin, Glutamin- und Asparaginsäure -
senken den sogenannten Grundumsatz, wenn Meerschweinchen und Kanin-
chen in der üblichen Weise vegetabil, die Ratten mit den gewöhnlichen
Küchenabfällen ernährt werden. Die Ausschläge können je nach den Be-
dingungen verschieden groß sein und bis zu —20%, selbst -30% be-
tragen (Gruppe I, Glykokollgruppe).
Andere Aminosäuren, wie 1 (+) Valin, Arginin, 1 (—) Tryptophan, 1 (—)
und d (-|-) Histidin wirken auf den Ruhenüchternumsatz unter denselben
Lebensbedingungen in umgekehrtem Sinne ein, sie steigern ihn allmählich
(Gruppe II, Tryptophangruppe).
Beide Reaktionsweisen haben in der Verlaufsform gemeinsam den
langsamen Eintritt und die allmähliche, selbst bis zu Wochen sich ver-
zögernde Rückkehr des Stoffwechsels zur Anfangsgröße, wenn die Amino-
säurezufuhr abgebrochen wird.
Die Größe des Ausschlages und der Verlauf der ganzen Reaktion sind
nicht zufällig, sondern regel- und gleichmäßig, wenn die Fütterungsbedin-
gungen gut definiert und konstant sind.
Durch gleichzeitige Verabreichung einer Aminosäure der ersten, stoff-
wechselvermindernden Gruppe und einer zweiten aus der Zahl der stei-
gernden in passender Dosierung lassen sich beide Wirkungen abschwächen,
ja vollständig aufheben. Die Aminosäuren der zweiten Gruppe können
also in ihrer Wirkung auf den Grundumsatz die der ersten kompensieren
(Kompensationsregel für Aminosäuren). Man kann sich hiernach
vorstellen, daß auch das bei der Eiweißzersetzung im Stoffwechsel ent-
stehende Gemisch von Aminosäuren auf den basalen Energiewechsel eine
Wirkung ausübt, die eine Resultante der verschieden gerichteten Effekte
der einzelnen Aminosäuren ist, doch sind die hier sich eröffnenden Mög-
lichkeiten erst ungenügend untersucht, da über die Wirkung in Peptid-
bindung nichts bekannt ist.
Art und Zusammensetzung des Futters, zu welchem die Aminosäure
zugelegt wird, sind für den Eintritt der Wirkung entscheidend. Es folgt dies
eigentlich schon aus der Kompensationsregel. Denn da wir heute weder
den Gehalt der meisten Futtermittel und Speisen an allen Aminosäuren
noch den Einfluß aller Aminosäuren auf den Grundumsatz, geschweige
ihr wechselseitiges Zusammenwirken genau kennen, wissen wir auch nicht,
ob ein bestimmtes Nahrstoffgemisch im Sinne der Kompensationsregel
ausgeglichen ist oder ob es einen Überschuß dieser oder jener Amino-
säure in seinen Eiweißkörpern enthält, welche seine Wirkung auf den
Grundumsatz in steigernder oder senkender Richtung verschiebt, dadurch
einer zugelegten Aminosäure mit unter diesen Ernährungsbedingungen
entgegengesetzter Wirkungsrichtung einen Angriffspunkt darbietend. Das
aufgeworfene Problem eröffnet in Anbetracht aller zweiundzwanzig be-
kannten Aminosäuren ein außerordentlich weites Arbeitsfeld. Nicht nur
wäre Zusammensetzung der Nahrungsproteine aus ihren Bausteinen und
der zusätzliche Gehalt der Nahrungsmittel an freien Aminosäuren weit
mehr als bisher bekannt quantitativ zu bestimmen, sondern es müßte auch
die Wirkung jeder einzelnen reinen Aminosäure und ihr Wechselverhält-
 
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