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Rudolf Ewald :
Nach Erstarrung des Hauptgranites beginnt eine große Hebung,
die mit starkem tangentialen Druck verbunden ist und mit einer er-
heblichen, nach Nord gerichteten Komponente. Durch diese Bewegungen
wurde alles Gestein längs der Hauptspalten, vor allem der Otzberg-
spalte, regional mylonitisiert, und in diesen Myloniten einerseits, an
Spalten und anderen schwachen Stellen andererseits drang in hohem
Stockwerk der jüngere Granit empor.
Diese Erscheinungen zeigen sich in den verschiedenen durch die
Fächerspalten entstandenen Teilschollen alle- in demselben Sinne, wenn
auch in verschiedenen Dimensionen. Infolgedessen ist auch die Gang-
gefolgschaft in den einzelnen Schollen verschieden znr Entwicklung
gelangt.
Wenn wir nun an die Deutung dieser Vorgänge gehen, vor allem
ihre ursächlichen Zusammenhänge ergründen wollen, so sind eine Reihe
von weitergespannten theoretischen Erörterungen unerläßlich.
Derartige Spekulationen sind ja stets mehr oder weniger subjektiv
und daher bestenfalls nur bedingt richtig: aber auch wenn sie an sich
falsch sein sollten, so können sie doch durch Herausforderung der Kritik
und Anregung zur wissenschaftlichen Diskussion unter Umständen mehr
zur Klärung der allgemeinen dynamischen Fragen beitragen als eine
ängstliche Vermeidung jeder weitergeh enden Hypothese.
Meiner Überzeugung nach lassen sich die Vorgänge im Bergsträßer
Odenwald nicht aus der Kontraktionstheorie erklären, ja sie wider-
sprechen sogar der Annahme einer allgemeinen Kontraktion des Ge-
samterdkörpers, da ja ebensostarke Dehnungserscheinungen zu be-
obachten sind als Zusammenschub.
Ich bin zur Überzeugung gelangt, daß die ganzen dynamischen Vor-
gänge aus dem Zusammenwirken von Anomalien im hydrostatischen
Druck mit Erscheinungen, die durch die Erdrotation bedingt sind,
resultieren.
Wichtig ist es, daß wir die eigenartige stofflich-physikalische Be-
schaffenheit des Erdkörpers im Auge behalten. Wir sehen einen schein-
bar festen Körper mit Eigenschaften, die auf Impulsbewegungen,
d. h. rasche Bewegungen, starr-elastisch wie feste Körper reagieren,
aber auf langsame Änderungen sich verhalten wie Flüssigkeiten. Im
Verlaufe von Diskussionen im Kolloquium des geologischen Instituts
ist für diesen Zustand erst der sehr treffende Ausdruck säkularplastisch,
dann noch besser „säkularflüssig“ geprägt worden, den ich für be-
sonders geeignet halte.
Außerdem ist noch ein zweiter scheinbarer Widerspruch vorhanden,
indem nämlich die doch immerhin sehr großen Massen, um die es sich
Rudolf Ewald :
Nach Erstarrung des Hauptgranites beginnt eine große Hebung,
die mit starkem tangentialen Druck verbunden ist und mit einer er-
heblichen, nach Nord gerichteten Komponente. Durch diese Bewegungen
wurde alles Gestein längs der Hauptspalten, vor allem der Otzberg-
spalte, regional mylonitisiert, und in diesen Myloniten einerseits, an
Spalten und anderen schwachen Stellen andererseits drang in hohem
Stockwerk der jüngere Granit empor.
Diese Erscheinungen zeigen sich in den verschiedenen durch die
Fächerspalten entstandenen Teilschollen alle- in demselben Sinne, wenn
auch in verschiedenen Dimensionen. Infolgedessen ist auch die Gang-
gefolgschaft in den einzelnen Schollen verschieden znr Entwicklung
gelangt.
Wenn wir nun an die Deutung dieser Vorgänge gehen, vor allem
ihre ursächlichen Zusammenhänge ergründen wollen, so sind eine Reihe
von weitergespannten theoretischen Erörterungen unerläßlich.
Derartige Spekulationen sind ja stets mehr oder weniger subjektiv
und daher bestenfalls nur bedingt richtig: aber auch wenn sie an sich
falsch sein sollten, so können sie doch durch Herausforderung der Kritik
und Anregung zur wissenschaftlichen Diskussion unter Umständen mehr
zur Klärung der allgemeinen dynamischen Fragen beitragen als eine
ängstliche Vermeidung jeder weitergeh enden Hypothese.
Meiner Überzeugung nach lassen sich die Vorgänge im Bergsträßer
Odenwald nicht aus der Kontraktionstheorie erklären, ja sie wider-
sprechen sogar der Annahme einer allgemeinen Kontraktion des Ge-
samterdkörpers, da ja ebensostarke Dehnungserscheinungen zu be-
obachten sind als Zusammenschub.
Ich bin zur Überzeugung gelangt, daß die ganzen dynamischen Vor-
gänge aus dem Zusammenwirken von Anomalien im hydrostatischen
Druck mit Erscheinungen, die durch die Erdrotation bedingt sind,
resultieren.
Wichtig ist es, daß wir die eigenartige stofflich-physikalische Be-
schaffenheit des Erdkörpers im Auge behalten. Wir sehen einen schein-
bar festen Körper mit Eigenschaften, die auf Impulsbewegungen,
d. h. rasche Bewegungen, starr-elastisch wie feste Körper reagieren,
aber auf langsame Änderungen sich verhalten wie Flüssigkeiten. Im
Verlaufe von Diskussionen im Kolloquium des geologischen Instituts
ist für diesen Zustand erst der sehr treffende Ausdruck säkularplastisch,
dann noch besser „säkularflüssig“ geprägt worden, den ich für be-
sonders geeignet halte.
Außerdem ist noch ein zweiter scheinbarer Widerspruch vorhanden,
indem nämlich die doch immerhin sehr großen Massen, um die es sich