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Alföldy, Géza; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]; Pöschl, Viktor [Gefeierte Pers.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1990, 2. Abhandlung): Der Obelisk auf dem Petersplatz in Rom: ein historisches Monument der Antike ; vorgetragen am 9. Dezember 1989 ; Viktor Pöschl zum 80. Geburtstag gewidmet — Heidelberg: Winter, 1990

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https://doi.org/10.11588/diglit.48160#0094
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Geza Alföldy

und seine Umgebung ist zum Friedhof geworden.212 Doch selbst die Um-
wandlung des Geländes in einen für die Christen heiligen Ort kann nicht
erklären, daß die beiden Fassungen der Inschrift jeweils zum Teil geglät-
tet wurden: Hätte man im christlichen Rom an der Inschrift als Zeugnis
für einen heidnischen Kult Anstoß genommen, so wäre es ein Leichtes
gewesen, sie ganz zu vernichten. Dazu ist es jedoch nie gekommen.
Für die Ziele dieser Untersuchung, die der Geschichte des Vatikan-
Obelisken in der Antike gewidmet ist, könnte die Erkenntnis ausrei-
chen, daß die partielle Glättung der beiden Fassungen der sekundären
Widmungsinschrift nicht durch historische Vorgänge im Altertum zu er-
klären ist: Sie erfolgte offensichtlich erst in nachantiker Zeit, jedenfalls
vor dem Jahre 1510. Das liegt um so näher, als sich im Mittelalter und in
der Renaissance das Bodenniveau um den seinerzeit von Caligula be-
stimmten Aufstellungsplatz des Monumentes so stark erhöht hatte, daß
der Sockel von Erde und Schutt überdeckt und die Inschrift ungefähr in
Augenhöhe zu betrachten waren. Wir wissen das dank zahlreicher Ab-
bildungen des Obelisken aus dem 15. und 16. Jahrhundert. Auf diesen
Bildern erscheint übrigens die sekundäre Inschrift - auch nach 1510 und
selbst nach 1586 - regelmäßig mit vollem Text.213 Für den tatsächlichen
Erhaltungszustand der Inschrift hat das allerdings nichts zu bedeuten:
Dargestellt ist auf diesen Bildern immer die Inschrift auf der Ostseite des
Obelisken, die sowohl bei der Aufstellung vor der einstigen Kirche S.
Andrea als auch bei der Neuaufstellung vor dem Petersdom als die wich-
tigste Schauseite galt; auf dieser Seite ist die Widmung an Augustus und
Tiberius selbst an den geglätteten Stellen soweit erhalten, daß sie auch
ohne Hilfe der Westseite, welche die auf der Ostseite geglätteten Buch-
staben unversehrt enthält, immer unschwer zu entziffern war (vgl. Taf.
II und IV 1 sowie Abb. 1. 9).
Die Kompetenz des Althistorikers ist mit dem Resultat, daß die se-
kundäre Inschrift des Vatikan-Obelisken nicht in der Antike, sondern
erst später beschädigt wurde, erschöpft. Nichtsdestoweniger wäre es
verlockend, eine plausible Erklärung dafür zu finden, weshalb jeweils
ein Teil der beiden Inschriftfelder eine Glättung erfuhr. Die nachfol-
gend vorgetragene Hypothese verdankt ihre Entstehung zwei hervorra-
genden Kennern Roms im Mittelalter und in der Renaissance, A. Borst
212 Vgl. hierzu die Literatur in Anm. 195, dazu jetzt bes. W. Eck, in: Vom frühen Grie-
chentum bis zur römischen Kaiserzeit. Gedenk- und Jubiläumsvorträge am Heidelber-
ger Seminar für Alte Geschichte. HABES 6 (Stuttgart 1989) 55ff. mit weiterer Litera-
tur.
213 Zu diesen Darstellungen siehe Anm. 110.
 
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