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ZUR AUSWÄRTIGEN WIRKSAMKEIT 1528-1533
meinde rechnen, sich auf die korporative Grundlage ihrer Verfassung
besinnen. So trat sie in die Reformation ...«26
Aus einem Zusammengehen der evangelischen Bewegung und der
lange zurückreichenden politischen Neugestaltung der Stadt hinsichtlich
einer Kompetenzerweiterung im kirchlichen Bereich hat sich auch in
Ulm in den 20er Jahren des 16. Jahrhunderts eine langsam einsetzende
Reformation ergeben. Ähnlich wie in Straßburg und anderen ober-
deutschen Reichsstädten27 muß freilich auch für Ulm gesagt werden, daß
die jeweiligen Magistrate »alles andere als Motoren der Reformation
gewesen (sind). Viel eher waren sie Hemmschuhe ...«28 Es hat kaum
anderenorts einen bedächtigeren und vorsichtigeren Stadtpolitiker gegeben als etwa
den Ulmer Altbürgermeister Bernhard Besserer29, der gleichsam als »Stadt-
orakel« bei allen gewichtigen Ratsentscheidungen zuvor zu befragen
war30. Ähnlich wie in Straßburg, wo die offizielle Abschaffung der
Messe erst am 20. Februar 1529 nach Erreichung und Sicherstellung einer
evangelischen Mehrheit in der Großen Schöffenversammlung endlich
zu erreichen gewesen ist, hat in Ulm der Kampf um eine offizielle Ab-
stimmung am 3.November 1530 über das Bekenntnis zur evangelischen
Reformation31 noch Jahre gebraucht, bis die »dilatorische Politik« des
vorsichtigen Ulmer Rates und das »Lavieren« Bernhard Besserers über-
wunden werden konnten32.
III.
Die entscheidende und maßgebliche Gestalt im Kampf um die Errei-
chung einer kirchlichen Reformation in Ulm ist Konrad Sam gewesen33.
26. A.Schultze: Stadtgemeinde und Reformation, a.a.O. S.26.
27. Für Straßburg ist vor allem zu verweisen auf den Überblick bei E.-W.Kohls:
Die Schule bei Martin Bucer, a.a.O. S. 43 ff.
28. B.Moeller: Reichsstadt und Reformation, a.a.O. S.25.
29. Über ihn vgl. insbesondere die biographische Darstellung von M. Ernst: Bern-
hard Besserer, Bürgermeister von Ulm (1471-1542), Schwäbische Lebensbilder, Bd.II,
Stuttgart 1941, S.35-46; ders.: Artikel »Bernhard Besserer«, NDB, Bd.2, 1955, S.483.
Vgl. auch die Untersuchung von H. G. Walther: Bernhard Besserer und die Politik der
Reichsstadt Ulm während der Reformationszeit, Ulm 1929, und E.Naujoks: Obrig-
keitsgedanke, Zunftverfassung und Reformation, a.a.O., bes.S.74ff.
30. Im einzelnen vgl. J. Endriß: Das Ulmer Reformationsjahr, a.a.O. S.22f. und
S. 119f. (Anm. 17).
31. Die umfassende Darstellung bietet J. Endriß: Die Abstimmung der Ulmer Bür-
gerschaft im November 1530, Ulm o.J. [1931]. Dieser Veröffentlichung liegt zugrunde
eine Darstellung, die J.Endriß unter obigem Titel zunächst im 3.Band der »Ulmer
Bilderchronik«, hg.von K.Höhn, gegeben hat, Ulm 1931, S. 17-20, 43-46, 62-65,
89-94, 108-113, 137-141, 160-164.
32. Vgl.vor allem E.Naujoks: Obrigkeitsgedanke, Zunftverfassung und Reforma-
tion, a.a.O., bes.S.73ff.
33. Vgl.C. Th.Keim: Die Reformation der Reichsstadt Ulm, a.a.O. S.60ff., bes.
S.86ff.
ZUR AUSWÄRTIGEN WIRKSAMKEIT 1528-1533
meinde rechnen, sich auf die korporative Grundlage ihrer Verfassung
besinnen. So trat sie in die Reformation ...«26
Aus einem Zusammengehen der evangelischen Bewegung und der
lange zurückreichenden politischen Neugestaltung der Stadt hinsichtlich
einer Kompetenzerweiterung im kirchlichen Bereich hat sich auch in
Ulm in den 20er Jahren des 16. Jahrhunderts eine langsam einsetzende
Reformation ergeben. Ähnlich wie in Straßburg und anderen ober-
deutschen Reichsstädten27 muß freilich auch für Ulm gesagt werden, daß
die jeweiligen Magistrate »alles andere als Motoren der Reformation
gewesen (sind). Viel eher waren sie Hemmschuhe ...«28 Es hat kaum
anderenorts einen bedächtigeren und vorsichtigeren Stadtpolitiker gegeben als etwa
den Ulmer Altbürgermeister Bernhard Besserer29, der gleichsam als »Stadt-
orakel« bei allen gewichtigen Ratsentscheidungen zuvor zu befragen
war30. Ähnlich wie in Straßburg, wo die offizielle Abschaffung der
Messe erst am 20. Februar 1529 nach Erreichung und Sicherstellung einer
evangelischen Mehrheit in der Großen Schöffenversammlung endlich
zu erreichen gewesen ist, hat in Ulm der Kampf um eine offizielle Ab-
stimmung am 3.November 1530 über das Bekenntnis zur evangelischen
Reformation31 noch Jahre gebraucht, bis die »dilatorische Politik« des
vorsichtigen Ulmer Rates und das »Lavieren« Bernhard Besserers über-
wunden werden konnten32.
III.
Die entscheidende und maßgebliche Gestalt im Kampf um die Errei-
chung einer kirchlichen Reformation in Ulm ist Konrad Sam gewesen33.
26. A.Schultze: Stadtgemeinde und Reformation, a.a.O. S.26.
27. Für Straßburg ist vor allem zu verweisen auf den Überblick bei E.-W.Kohls:
Die Schule bei Martin Bucer, a.a.O. S. 43 ff.
28. B.Moeller: Reichsstadt und Reformation, a.a.O. S.25.
29. Über ihn vgl. insbesondere die biographische Darstellung von M. Ernst: Bern-
hard Besserer, Bürgermeister von Ulm (1471-1542), Schwäbische Lebensbilder, Bd.II,
Stuttgart 1941, S.35-46; ders.: Artikel »Bernhard Besserer«, NDB, Bd.2, 1955, S.483.
Vgl. auch die Untersuchung von H. G. Walther: Bernhard Besserer und die Politik der
Reichsstadt Ulm während der Reformationszeit, Ulm 1929, und E.Naujoks: Obrig-
keitsgedanke, Zunftverfassung und Reformation, a.a.O., bes.S.74ff.
30. Im einzelnen vgl. J. Endriß: Das Ulmer Reformationsjahr, a.a.O. S.22f. und
S. 119f. (Anm. 17).
31. Die umfassende Darstellung bietet J. Endriß: Die Abstimmung der Ulmer Bür-
gerschaft im November 1530, Ulm o.J. [1931]. Dieser Veröffentlichung liegt zugrunde
eine Darstellung, die J.Endriß unter obigem Titel zunächst im 3.Band der »Ulmer
Bilderchronik«, hg.von K.Höhn, gegeben hat, Ulm 1931, S. 17-20, 43-46, 62-65,
89-94, 108-113, 137-141, 160-164.
32. Vgl.vor allem E.Naujoks: Obrigkeitsgedanke, Zunftverfassung und Reforma-
tion, a.a.O., bes.S.73ff.
33. Vgl.C. Th.Keim: Die Reformation der Reichsstadt Ulm, a.a.O. S.60ff., bes.
S.86ff.