Bucers Predigt in Augsburg
17.Juni1531
Die einzige bisher bekanntgewordene Handschrift, die uns Bucers
»Versöhnungspredigt«1 - genauer: eine ausführliche Inhaltsangabe der-
selben - überliefert, trägt das Datum: »Auf 17 Juny Anno 1531 ge-
schechen«. An der Richtigkeit dieser Angabe besteht in der heutigen
Forschung kaum ein Zweifel mehr2 3 4 5. Auch die auffällige Tatsache, daß
die beiden Briefe Oekolampads und Capitos an Zwingli (22. Juni und
4. Juli 1531)3 von Bucers Predigt in Augsburg nichts erwähnen, obwohl
sie vom Stand der religiösen Verhältnisse dort berichten, ist von
H.v. Schubert zutreffend dadurch erklärt, daß man Zwingli, der ein
tiefes Mißtrauen gegen Bucers Vermittlungstätigkeit hegte, nicht noch
weiteren Anlaß zum Mißtrauen geben wollte4.
Bucer ist also inmitten seiner Wirksamkeit am Reformationswerk in
Ulm5, wo er vom 21. Mai bis zum 30. Juni weilte, für kurze Zeit nach
Augsburg gereist, um dort einen eindringlichen Friedensappell an die in
der Abendmahlsfrage zerstrittenen Parteien der evangelischen Bewegung
zu richten6. Aus dieser Beziehung zur konkreten Situation in Augsburg
erklärt sich auch die Tatsache, daß der 10. Artikel der Confessio Augu-
stana auf die erste Seite der Nachschrift der Predigt gesetzt worden ist7.
Bucers Ziel, die einander widerstreitenden Parteien einer Einigung
näherzubringen, entspricht die wohlüberlegte Wahl des Predigttextes
aus dem Hohepriesterlichen Gebet, Johannes 17,17-21 (»Heilige sie in
der Warheit..., auf daß sie alle eins seien ...«). Die Predigt bringt - soweit
man das der uns vorliegenden Zusammenfassung entnehmen kann —
keine Klärung in die kontroversen Auffassungen; vielmehr weist Bucer
mehrfach auf die entzweiende Wirkung des »Disputierens« hin8, ja, er
mahnt: »Man muess einen Irrtumb nicht ansechen, In dem Er sich ent-
1. So bezeichnet von H.v.Schubert: Zwei Predigten Martin Bucers, in: Beiträge zur
Reformationsgeschichte, Gotha 1896, S. 192.
2. K. Th.Keim: Schwäbische Reformationsgeschichte, 1855, S. 277, und ihm folgend
J.W.Baum, S.479, nehmen den 4. Juli bzw. Anfang Juli an. Den Nachweis für die
Richtigkeit des in der Handschrift angegebenen Datums erbrachte H.v.Schubert,
a.a.O. S. 197-201. Vgl. hierzu noch Staehelin: Briefe II, 1934, Nr.871, S.608f., jedoch
auch J.V.Pollet II, 1962, S.228, Anm.4.
3. Vgl. Oekolampad an Zwingli, CR Zw 11, Nr. 1228 und Capito an Zwingli, CR
Zw 11, Nr. 1235.
4. Vgl. H.v.Schubert, a.a.O. S.203, Anm.1.
5. Vgl. die Einleitung zur Ulmer Kirchenordnung in diesem Band, besonders S. 209.
6. Zur kirchlichen Lage in Augsburg vgl. K. Th.Keim, a.a.O. S. 266ff., H. v.Schubert,
a.a.O. S. 192-196, und F.Roth: Augsburgs Reformationsgeschichte II, 1904, bes.
5. 1-31.
7. S. dazu auch H.v.Schubert, a.a.O. S.203.
8. Vgl. zum Beispiel unten S. 403f. (Bl.6b und 8a).
17.Juni1531
Die einzige bisher bekanntgewordene Handschrift, die uns Bucers
»Versöhnungspredigt«1 - genauer: eine ausführliche Inhaltsangabe der-
selben - überliefert, trägt das Datum: »Auf 17 Juny Anno 1531 ge-
schechen«. An der Richtigkeit dieser Angabe besteht in der heutigen
Forschung kaum ein Zweifel mehr2 3 4 5. Auch die auffällige Tatsache, daß
die beiden Briefe Oekolampads und Capitos an Zwingli (22. Juni und
4. Juli 1531)3 von Bucers Predigt in Augsburg nichts erwähnen, obwohl
sie vom Stand der religiösen Verhältnisse dort berichten, ist von
H.v. Schubert zutreffend dadurch erklärt, daß man Zwingli, der ein
tiefes Mißtrauen gegen Bucers Vermittlungstätigkeit hegte, nicht noch
weiteren Anlaß zum Mißtrauen geben wollte4.
Bucer ist also inmitten seiner Wirksamkeit am Reformationswerk in
Ulm5, wo er vom 21. Mai bis zum 30. Juni weilte, für kurze Zeit nach
Augsburg gereist, um dort einen eindringlichen Friedensappell an die in
der Abendmahlsfrage zerstrittenen Parteien der evangelischen Bewegung
zu richten6. Aus dieser Beziehung zur konkreten Situation in Augsburg
erklärt sich auch die Tatsache, daß der 10. Artikel der Confessio Augu-
stana auf die erste Seite der Nachschrift der Predigt gesetzt worden ist7.
Bucers Ziel, die einander widerstreitenden Parteien einer Einigung
näherzubringen, entspricht die wohlüberlegte Wahl des Predigttextes
aus dem Hohepriesterlichen Gebet, Johannes 17,17-21 (»Heilige sie in
der Warheit..., auf daß sie alle eins seien ...«). Die Predigt bringt - soweit
man das der uns vorliegenden Zusammenfassung entnehmen kann —
keine Klärung in die kontroversen Auffassungen; vielmehr weist Bucer
mehrfach auf die entzweiende Wirkung des »Disputierens« hin8, ja, er
mahnt: »Man muess einen Irrtumb nicht ansechen, In dem Er sich ent-
1. So bezeichnet von H.v.Schubert: Zwei Predigten Martin Bucers, in: Beiträge zur
Reformationsgeschichte, Gotha 1896, S. 192.
2. K. Th.Keim: Schwäbische Reformationsgeschichte, 1855, S. 277, und ihm folgend
J.W.Baum, S.479, nehmen den 4. Juli bzw. Anfang Juli an. Den Nachweis für die
Richtigkeit des in der Handschrift angegebenen Datums erbrachte H.v.Schubert,
a.a.O. S. 197-201. Vgl. hierzu noch Staehelin: Briefe II, 1934, Nr.871, S.608f., jedoch
auch J.V.Pollet II, 1962, S.228, Anm.4.
3. Vgl. Oekolampad an Zwingli, CR Zw 11, Nr. 1228 und Capito an Zwingli, CR
Zw 11, Nr. 1235.
4. Vgl. H.v.Schubert, a.a.O. S.203, Anm.1.
5. Vgl. die Einleitung zur Ulmer Kirchenordnung in diesem Band, besonders S. 209.
6. Zur kirchlichen Lage in Augsburg vgl. K. Th.Keim, a.a.O. S. 266ff., H. v.Schubert,
a.a.O. S. 192-196, und F.Roth: Augsburgs Reformationsgeschichte II, 1904, bes.
5. 1-31.
7. S. dazu auch H.v.Schubert, a.a.O. S.203.
8. Vgl. zum Beispiel unten S. 403f. (Bl.6b und 8a).