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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Hrsg.]; Neuser, Wilhelm H. [Hrsg.]; Seebaß, Gottfried [Hrsg.]; Strohm, Christoph [Hrsg.]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 4): Zur auswärtigen Wirksamkeit: 1528 - 1533 — Gütersloh, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.29141#0207

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ULMER KIRCHENORDNUNG

203

und Praxis in der Ulmer Kirchenordnung herbeiführen können. Und
daß das kirchliche Alltagsleben in Ulm die bescheidenen Ansätze der
speziellen Zuchtordnung, die die Ulmer Kirchenordnung enthielt, gar
nicht erst zur Entfaltung kommen ließ, mußte schon Ambrosius Blarer
bald bemerken, wenn er in einem seiner Briefe schrieb: »Wellt etwas
liden, das wir lenger zu Ulm och gewesen weren, byß alle ding in ain
gang und in das werck kommen weren! So seind wir, nachdem es alles
mit der feder vergriffen und fürgeschriben worden, davon gewuscht,
und yetz ist kein nachtruck. Schribt und klegt mir der frumm Som
(= Konrad Sam) all tag, wie es mit der straff und zucht nun gar nichts
sölle ...«89
VI.
Sind auch die speziellen Pläne der Mitarbeiter am Ulmer Reformations-
werk hinsichtlich einer innergemeindlichen Zucht in Ulm nicht realisiert
worden, so ist doch das allgemeine Werk der Ulmer Reformation durch ihre
Verhandlungen und ihre kirchenordnenden Schriften in umfassender Weise ge-
festigt und geordnet worden. Wenn die Ulmer Reformation die späteren
schweren Belastungen des Interims und der Folgezeit überstanden hat90,
so ist der Grund dafür nicht zuletzt in dem tragfähigen Fundament zu
erblicken, das 1531 in dreifacher Weise gelegt worden ist: 1. durch das
»Gemain außschreiben« vom 31. Juli 1531, 2. durch die Ulmer Kirchen-
ordnung selbst vom 6. August 1531 und schließlich 3. durch die Agende
bzw. das »Handtbüchlein« vom 27. September 1531.
a) Schon beim erstgenannten »Gemain außschreiben« vom 31. Juli
153191 ist Bucers entscheidender Anteil durch handschriftliche Notizen
und parallele inhaltliche Aussagen gesichert92. Bucer hat sich der Auf-
gabe einer Begründung und Verteidigung der Reformation bereits in seiner

89. Vgl. Schieß I, Nr. 242, S.295.
90. Die meisterliche Darstellung dieser Zeit während und nach dem Interim findet
sich bei F. Fritz- Ulmische Kirchengeschichte vom Interim bis zum dreißigjährigen
Krieg (1548-1612), a.a.O. Die schweren Belastungen des jungen Ulmer evangelischen
Kirchenwesens durch das Interim (das der Rat am 30. Juni 1549 annehmen mußte)
und das großartige Überwinden aller Schwierigkeiten und Verfolgungen hat F.Fritz
in seiner Darstellung unter Ausschöpfung aller, selbst der entlegensten Archivalien
grundlegend geschildert.
91. Vgl. unten den Abdruck bei Anlage 1.
92. Vgl. auch J.Endriß: Das Ulmer Reformationsjahr 1531, a.a.O., bes.S.72.
Außer den dort vorgetragenen Argumenten ist historisch für B.s Verfasserschaft am
»Gemain außschreiben« Oekolampads Brief an Zwingli vom 22. Juni 1531 wichtig, in
dem Oekolampad u.a. schreibt: »Bucerus apologiam et constitutiones nunc meditatur,
quibus approbatis speramus nos domum remittendos ...«, vgl. CR Zw 11, 488-491,
bes.490, 18-491, 2. Mit »apologia« ist stets das »Gemain außschreiben« gemeint, mit
»constitutiones« die Kirchenordnung bzw. deren »Bestimmungen«.
 
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