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Bucer, Martin; Stupperich, Robert [Editor]; Neuser, Wilhelm H. [Editor]; Seebaß, Gottfried [Editor]; Strohm, Christoph [Editor]
Martin Bucers Deutsche Schriften (Band 4): Zur auswärtigen Wirksamkeit: 1528 - 1533 — Gütersloh, 1975

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https://doi.org/10.11588/diglit.29141#0221

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ULMER KIRCHENORDNUNG

217

allein alle warhayt lehret, von wölchen yrrthumben auch Christus seyne
erwölten entlich51 erlößt und mit warhayt recht erleucht.
Die Kirch52 ist ain saul53 und grundföst der warhayt, darumb das sy
durch waren glauben die ewig warhait gefaßt und uff | dieselbig so ge-
5 grundföstet54 ist, das die porten der höllen wyder sy entlich nichts ver-
mögen, noch55 muß sy täglich bitten, das sy gott lehre, ir die sünd
(wölche allweg auß yrrthumb komen) verzeyhe und in versuchung nit
füre. Es hat Petro und andern Apostolen etwan56 gefält, auch nachdem
sy den haylgen gayst sichtbarlich empfangen hetten, also fält es andern
10 auch.
Nach dem dann gmainlich von genanten christen allenthalb und
bevorab von den vermaynten fürstehern der kirchen also layder glebt
würdt, das ire aygen thaten beweysen, das sy der gayst deß yrrthumbs
gar57 bsessen und in seinem willen gefangen hat, und allemal der erwöl-
15 ten wenig sind, wenig dern, die sich selbs gentzlich verleügnen, das sy
doch könden junger Christi und götlichs gaysts taylhafftig sein, darumb
kain wunder, daß es allenthalb vol yrrthumbs und mißbreüch ist, und
bey den gnanten gaystlichen am allermaysten, dieweil götlichem gaist
nieman wyderwertiger lebt58. So kan dann auch das volck und ire
20 herren, wo Gott nit wunder wirckt, nit woll anders dann sy sollch un-
gaystlich gaystlichen wöllen gsindt werden59, dieweil dieselbigen so
fleyssig verhüten, das nieman anders60 (dann eben das sy, als inen selb

1. Timo.3.[9]
A4a
Math. 19. [ 16,18]

Math. 6.[9-13]
Gal. 2.[ 11-21]
Act. 15.[7ff.]

Math. 20. [ 16]

51. Am Ende; letzten Endes.
52. Zu B.s Ekklesiologie vgl. besonders R.Stupperich: Die Kirche in Martin Bucers
theologischer Entwicklung, a.a.O., und ders.: Martin Bucers Anschauungen von der
Kirche, a.a.O. Vgl. ebenfalls J.Courvoisier: La notion d’eglise chez Bucer dans son
developpement historique, Paris 1933, und J.Heitz: Etude sur la formation de la
pensee ecclesiologique de Bucer d’apres les traites polemiques et doctrinaux des
annees 1323-1538, These Strasbourg, Faculte de Theologie Protestante, 1947.
53. Säule.
54. Gegründet.
55. Und doch.
56. Vorzeiten.
57. Vollständig.
58. Aus dem Verfall und der Nachlässigkeit der »fürsteher der kirchen« als der
geistlichen Obrigkeit ergibt sich für B. die Notwendigkeit, daß nun die weltliche
Obrigkeit als christliche Obrigkeit vom ius reformandi Gebrauch machen darf und muß.
So argumentiert B. vor allem in seinem »Gemain Außschreiben« zur Ulmer Kirchen-
ordnung; vgl. unten Anlage 1. B. befindet sich damit in Übereinstimmung mit Luther,
der schon in seiner Schrift »An den christlichen Adel deutscher Nation« (1520) in
diesem Sinne für das ius reformandi der jeweiligen weltlichen Obrigkeit eingetreten ist;
vgl. auch oben in der Einleitung Anm. 95-96.
59. Übersetzungsvorschlag: ... als daß sie zum Gefolge solcher ungeistlichen Geist-
lichen werden wollen ...
60. ... daß niemand etwas anderes (...) lehre und predige.
 
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